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Schwimmen im Fluss des Lebens

In Graz 1941 geboren, verbringt Traudi Beierlein einen kurzen Teil ihrer Kindheit in Amorbach im Odenwald. Gerade lange genug, um mit einer Fünf in Sport die Gewissheit zu erlangen, sie sei unsportlich. Dennoch reizt sie etwas am Wasser und sie bringt sich selber etwas Brustschwimmen bei. Ab ihrem elften Lebensjahr lebt sie mit ihrer Familie im Kairo. Dort trifft man sich gesellschaftlich häufig in Clubs, wo die verschiedensten Sportarten ausgeübt werden können. Traudi Beierlein geht in den Swimming Pool und fällt durch ihren Bruststil auf. Eine Schwimmerin spricht sie an und animiert sie, an einem Wettschwimmen teilzunehmen. Trotz Fußsprung am Start schwimmt sie so schnell, dass sie ihren ersten Pokal erhält. Der Bann der Unsportlichkeit ist gebrochen.

Nun will sie besser werden, jedoch der erste Trainer lehnt es ab sie zu trainieren, da sie ihm zu schmächtig scheint. Mona Naghib wird ihr Trainer und schon bald ist sie Kairo-Meisterin. Ihre Mutter macht einen ungarischen Trainer ausfindig, der sie regelmäßig nach Schulschluss trainiert. Mit 13 Jahren sind ihre Tage mit Schule, drei Stunden Fahrt zum Training und dem Schwimmen ausgefüllt. Sie trainiert mit den Männern der ägyptischen Nationalmannschaft und erringt den Titel der ägyptischen Meisterin.

Ihre Familie zieht nach Zamalek und sie wird von da an von »Mr. Alex« trainiert. Der charismatische »Mr. Alex« begeistert sie, ihre Bewunderung für und Verliebtheit in ihn spornt sie an. Sie half ihm die Nachwuchsmannschaft zu trainieren, womit sie ihren größten Erfolg als Trainerin erlangte. Eine Schwimmerin erzielt eine bessere Zeit als sie selber. Sie empfindet diese Zeit im Rückblick dennoch als eine Zeit der Leichtigkeit, geschaffen durch eine Lebensart, die sie als »Champagner« bezeichnet, verglichen mit »Bier«, der Lebensart, die sie einige Jahre später bei ihrer Rückkehr nach Deutschland erleben wird. »Mr. Alex« äußert ihr gegenüber, sie werde ein Mal die deutschen Farben tragen und bei einer Olympiade starten. Ein Satz, der sie innerlich motiviert und zusammen mit der Begeisterung und Unterstützung ihrer Eltern und wiederum einem ungarischen Trainer, Janosch Satori, zu ihrem Erfolg bei den olympischen Spielen 1964 in Tokio führt. 1964 gewann sie die deutschen Meisterschaften über 100 Meter Freistil. In Tokio startete sie in der 4 x 100 Meter Staffel.

Mittlerweile war sie Mitglied im Darmstädter Schwimm- und Wassersportclub (DSW 12), so dass ihre Rückkehr in der Stadtgeschichte der Stadt Darmstadt festgehalten ist. (Übrigens ist sie die einzige Sportlerin, der diese Ehre zuteil wurde). Mit Erreichen ihres sportlichen Zieles, trägt der Fluss des Lebens sie weiter. Sie arbeitet, wie schon vor der Olympiade, als Dolmetscherin für die Stadt Darmstadt.

1966 schwimmt sie weiter - ihr erstes Kind wird geboren und sie lebt als Familienfrau die nächsten Jahre, bis sie mit vierzig Jahren einen anderen Kindheitstraum verwirklichen möchte. Sie studiert Musik, ein Wunsch, dem auch der Beruf der Mutter zugrunde liegt: Konzertgeigerin. Einen Balanceakt von vier Jahren legt sie hin, verbindet die Anforderungen der Familie mit denen des Studiums und absolviert schließlich ihre Prüfung. Sie wird jedoch nie Musiklehrerin. Die Zeit nach der Prüfung bringt ein doppeltes Vakuum. Zum einen verhindert eine Skiverletzung, dass sie Geige spielen kann, zum anderen verspürt sie das Bedürfnis das während des Studierens vernachlässigte Malen und Zeichnen wieder aufzugreifen. Außerdem gibt sie nun ihren Spaß am Schwimmen im Kindertraining des DSW weiter.

Und wieder schwimmt sie weiter in ihrem Lebensfluss und schafft von da an Werke auf Papier, aus Holz, u.a. für drinnen und draußen. Das künstlerische Schaffen füllt ihr Leben aus. Mit den Jahren wächst auch der Wunsch diese Werke zu zeigen, doch dabei stößt sie auf ein Hindernis. Sie möchte ihre Energie ganz in ihr Schaffen stecken, sie nicht aufteilen auf Organisation, Ausstellungsvorbereitung und Schaffen. Die Lösung dieses Problems liegt sicher noch um eine weitere Biegung ihres Lebensflusses, denn eines tut sie immer noch leidenschaftlich gerne: Schwimmen. Heute jedoch lieber in der grenzenlosen Weite eines Sees als in einem Schwimmbad.

Anja Spangenberg

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