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Psychologische Astrologie

Von Astrologinnen wird oft erwartet dass sie Vorhersagen treffen und meist kommen sie diesem Druck nach. Die Möglichkeit öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen, besteht darin, Prophezeiungen zu verkünden sowie aufzulisten, welche Zeichen zueinander passen. Auch die Medien drängen Astrologinnen dazu einem bestimmten Bild zu entsprechen. Kaum erwähnt werden diejenigen die Astrologie auf eine ernsthafte, verantwortungsbewusste Art betreiben. Die wahre Stärke der Astrologie liegt jedoch nicht in der Vorhersage, sondern in der Chance zu Bewusstwerdung und Selbsterkenntnis. Unser Bewusstsein ist der Dreh- und Angelpunkt auf dem sich die Beziehung zwischen Schicksal und Freiheit ausbalanciert.

Die Verbindung von Astrologie und Psychologie hat ihren Ursprung in der Forschung des Schweizer Psychoanalytikers Carl Gustav Jung. Er entdeckte die Entsprechung zwischen astrologischer Symbolik und den Urbildern der menschlichen Seele. Die Planetenkonstellationen zum Zeitpunkt der Geburt sind ein Gleichnis für die innerseelischen Konstellationen, sprich für die psychische Struktur des Menschen. Im Geburtshoroskop zeigt sich spezifische Kräftefeld in dem sich der Mensch bewegt. Es beschreibt diedas Potenziale und Möglichkeiten die entwickelt werden wollen. Es gibt kein »gutes« oder »schlechtes« Horoskop, sondern sehr vielschichtige Verwirklichungsebenen für die jeweiligen Konstellationen. Was psychologische Astrologie in der Praxis bedeutet, sei nachfolgend am Beispiel einer gespannten Beziehung von Mond und Saturn erläutert. Aus Sichtweise der traditionellen Astrologie bedeutete das »Schwierigkeiten mit Frauen oder familiäre Probleme«. Punktum das wird so sein, das ist Schicksal!

Aus psychologisch-astrologischer Sicht eröffnet sich ein tieferer Einblick: Der Mond symbolisiert das empfängliche, fühlende, weiblich-mütterliche Prinzip, die seelische Identität. Saturn dagegen steht für Härte, Struktur, Verantwortung, Selbstdisziplin und Realitätsbewältigung. Befindet sich also im Geburtshoroskop diese Verbindung Mond/Saturn dann werden Gefühle (Mond) immer in Verbindung mit Leistung, Disziplin und Verantwortung (Saturn) wahrgenommen. Im Säuglings -und Kleinkindalter sind wir eins mit den Gefühlen unserer Mutter oder anderen nahen Bezugspersonen die uns versorgen, denn unsere eigene seelische Identität entwickelt sich erst allmählich. Mit Mond/Saturn spüren wir die Last der Verantwortung die auf der Mutter liegt und machen die Erfahrung dass es für sie keine Zeit zum Schmusen, keine Zeit für Tränen, Launen oder Träume gibt. Mutter »funktioniert« und erfüllt ihre Rolle, wird aber als kalt, abweisend und streng erlebt. Vielleicht verbirgt sich dahinter eine ganze Generationenabfolge von »starken Frauen«, die lernen mussten durchzuhalten oder die alleinverantwortlich und diszipliniert der einzige Rückhalt der Familie waren. Das Kind spürt den enormen seelischen Hunger der Mutter hinter ihrer kontrollierten Fassade, es nimmt die ungeweinten Tränen, die vielen Erlebnisse des Verzichts wahr – und beschließt vielleicht – »Mama ist arm dran, ich darf ihr keine Last sein.« Es entwickeln sich Schuldgefühle für primäre Bedürfnisse nach Nähe und Zärtlichkeit. Später im Leben wiederholen sich diese Muster des Verzichts und der ungestillte Hunger aus der Kindheit erzeugt vielleicht ein dumpfes Gefühl von Trauer und Depression. Beziehungen können von Schuldgefühlen und Vorwürfen belastet sein: »Immer muss ich verantwortlich sein«. »Warum kümmerst du dich nicht um mich? Ich mache doch alles richtig (und falle dir nicht zur Last), jetzt musst du mich doch lieben.«

Der zu lösende Lebensauftrag könnte lauten: Übernimm Verantwortung für deine eigenen seelischen Bedürfnisse, verschließe dich nicht vor deiner Schwäche und Bedürftigkeit. Du hast das Recht dir Zeit zu nehmen für Zärtlichkeit und Nähe, zum Schmusen und Träumen und auch um den Verlust eines Teils deiner Kindheit bewusst zu betrauern. Wenn sich die seelische Erstarrung löst und die Gefühle wieder fließen dürfen, ist ein wichtiger Entwicklungsschritt vollzogen. Horoskop- oder Familienaufstellungen können weiteres Licht in die Themen der weiblichen Seite der Herkunftsfamilie bringen und dabei helfen die eigene Stärke zu entfalten. Der Archetypus von Mond/Saturn ist die weise Alte, die seelisch gereifte innere Frau, die als Seelenführerin unerschütterlich und klar die Wege weisen kann, aber dabei nie ihre eigene weiche, fühlende, empfängliche Seite vernachlässigt.

Astrid Wichmann

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