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Mediation statt Scheidungskrieg

Dem Entschluss, sich vom Partner zu trennen, geht meist viel Bitterkeit, Zorn und Trauer voraus. Bei einem oder beiden Partnern mag der Wunsch vorherrschen, den anderen möglichst schnell loszuwerden. Trotzdem lohnt es sich meistens, wenn sich das trennungswillige Paar noch einmal zusammen an einen Tisch setzt und mit Hilfe von MediatorInnen seine jeweiligen Vorstellungen von der Zukunft entwickelt - konkret heißt das, wie werden Kinder und Besitz aufgeteilt. Der übliche Weg, dass sich beide Partner anwaltlich vertreten lassen, dauert länger, kostet mehr Geld und langfristig gesehen auch mehr Nerven. Mediatoren dagegen sind »allparteiisch«. Ihre Aufgabe ist es, dem Paar zu helfen, eine für beide akzeptierbare Lösung in allen Scheidungsfragen zu finden. Am Ende des Mediations-Verfahrens steht eine schriftliche Vereinbarung mit Unterhaltsregelung, Vermögensaufteilung und Besuchsregeln, wenn Kinder da sind. Die mediative Vereinbarung des Paares wird dem Richter zum Nachweis der Einvernehmlichkeit der Scheidung - die danach nur noch Formsache ist - vorgelegt.

Für die Mediation im Trennungsfall rechnen MediatorInnen mit vier bis zwölf Sitzungen. Die Gesamtkosten der Mediation bis zum Scheidungsurteil betragen 25 - 50 % von den sonst üblichen Anwalts- und Gerichtskosten.

Regeln der Familienmediation

Die Familienmediation kann nur stattfinden, wenn die Partner freiwillig teilnehmen und somit ein echtes Interesse an der gemeinsamen Lösungsfindung haben. Außerdem muss jede Partei ihre Interessen eigenständig vertreten können. Ein starkes Machtgefälle innerhalb der Beziehung kann ein Hinderungsgrund sein, ebenso ist die Mediation für Suchtkranke oder psychisch schwer Kranke ungeeignet. Familienmediation wird nicht nur von Scheidungswilligen wahrgenommen, sondern auch von Familien mit Eltern-Kind-Konflikten, Geschwisterstreitigkeiten oder anderen Problemen. Zur Mediatorin Brigitte Spangenberg aus Bickenbach kommen etwa zwei Drittel der KlientInnen wegen einer bevorstehenden Trennung.

Co-Mediation

Die Psychologin B. Spangenberg arbeitet in der Familienmediation stets mit ihrem Mann Ernst zusammen, der als langjähriger Familienrichter den juristischen Aspekt in die Mediation einbringt. Ein Mediatorenpaar kann gerade für männliche Klienten eher Unparteilichkeit verkörpern als eine einzelne Mediatorin. Das »Geheimnis« der Mediation, scheinbar unversöhnliche Menschen noch zum gemeinsamen Bearbeiten von Trennungsfragen zu bewegen, liegt in der speziellen Gesprächsführung begründet. Erste Erfolgsvoraussetzung ist natürlich der Wille, sich gütlich zu einigen. Dieses Motiv ist gerade bei Eltern oft deutlich, die ja wissen, dass sie wegen der Kinder auch nach der Scheidung noch Kontakt halten müssen.

Das Mediations-Verfahren

1. Einführung
Die Mediatorin stellt die Regeln vor, als da sind: ihre Neutralität, freiwillige, gemeinsame Teilnahme der Klienten, Gleichbehandlung der Partner (auch bei den Kosten der Mediation), die Verantwortlichkeit der Partner für die Mediations-Vereinbarungen und das Bestimmen des Ablaufs durch die Mediatorin.

2. Sammeln der Konfliktthemen
Die Partner nennen die Probleme, die sie bearbeiten wollen. Die Mediatorin listet übereinstimmende und nicht übereinstimmende Bereiche auf.

3. Konfliktbearbeitung
Die Partner begründen ihre Sichtweisen, zum Beispiel was mit dem Eigentum geschehen soll. Die Mediatorin erfragt die Bedürfnisse, die hinter den jeweiligen Positionen liegen.

4. Konfliktlösung
Verschiedene Lösungen werden entworfen und bewertet.

5. Abschlussvereinbarung
Die Vereinbarungen des Paares werden schriftlich festgehalten.

Pädagogische und juristische Beratung

Größere Kinder werden stundenweise zur Mediation dazugeholt, wenn es um ihre Belange geht. Außerdem wird Eltern mit Trennungsabsichten immer eine pädagogische Beratung empfohlen, zum Beispiel bei Erziehungs- oder Familienberatungsstellen, wenn nicht die Mediatorin selbst dafür ausgebildet ist. Brigitte Spangenberg, die auch Gutachten in Familiensachen erstellt, nimmt sich für die pädagogische Beratung extra Zeit, denn das Kindeswohl kann nicht zwischen den Eltern frei verhandelt werden wie andere Aspekte der Trennung.

Spätestens vor der Abschlussvereinbarung fordern MediatorInnen ihre Klienten auf, sich juristisch beraten zu lassen, damit ihnen alle Konsequenzen der bevorstehenden Vereinbarung klar werden.

Gabe und Gegengabe

Die dritte und vierte Stufe, nämlich Konfliktbearbeitung und -lösung, sind der Kern der Mediation und geben Raum für überraschende Entdeckungen. Die Mediatoren haben in Stufe drei die Aufgabe, Forderungen der Parteien zu hinterfragen. Zum Beispiel »Was ist der Vorteil für Sie, wenn Sie die Wohnung behalten?« Die eigentliche Motivation könnte zum Beispiel die Angst vor einem Neuanfang sein, oder Angst, einen Umzug allein zu organisieren. Wenn in der Mediation Ängste abgebaut werden können, verfügt das Paar über mehr Lösungsmöglichkeiten. Ähnlich ist es mit seelischen Verletzungen. Wenn die Partner ihre Wut relativ geordnet in der Mediationssitzung äußern und dem Anderen vielleicht erstmals seit Jahren zuhören und auch zu verstehen versuchen, dann muss nicht mehr finanziell - oder emotional über die Kinder - Vergeltung geübt werden.

Die Mediatorin Brigitte Spangenberg bezeichnet es als »Gabe und Gegengabe«, wenn die Partner bei der Aufteilung ihres bisherigen gemeinsamen Eigentums, bzw. beim Umgangsrecht mit den Kindern, sich gegenseitig Zugeständnisse machen. Sind die Bedürfnisse, die hinter Forderungen stecken, klar zutage getreten, können diese Bedürfnisse oft anders als bisher geplant befriedigt werden.

Mediatoren können zwar ungeahnte Gesprächsbereitschaft wecken, aber trotzdem ist nicht jedes Paar für eine Mediation geeignet. Sind die Fronten so verhärtet, dass Zuhören und Verständnis suchen den Partnern auch in der Mediation nicht mehr gelingt, wird das Verfahren entweder von den Mediatoren oder den Klienten beendet.

Gekonnt Abschied nehmen

Kommen Paare oder Familien rechtzeitig zur Mediation, ist eine Einigung jedoch meistens möglich. Nicht immer steht eine Trennungsvereinbarung am Ende des Verfahrens, manchmal finden Paare mit neuen Beziehungsregeln auch wieder zueinander. Und wenn die Trennung ihren Lauf nimmt, wird sie doch mit selbst erarbeiteten Regelungen weniger traumatisch erlebt. Eine gescheiterte Ehe muss die Partner nicht verfolgen bis der Tod sie scheidet.

dankt der Mediatorin Brigitte Spangenberg, Bickenbach, für die fachliche Beratung.

Renate Arnemann

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