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Vaterfreuden, Vaterleiden, Vaterrollen

»Vater werden ist nicht schwer, Vater sein da gegen sehr...«

wusste schon Wilhelm Busch. Hört man sich heute in jungen Familien um, scheint es – überspitzt formuliert – drei Vater-Typen zu geben: Den Spaß-Papi, der seine Familie erst spät am Abend (die Kinder dürfen etwas länger aufbleiben) oder nur am Wochenende sehen kann. Ihm fliegen die Kleinen mit wehenden Fahnen in die Arme, während die Mütter oft müde und weniger begeistert sind, denn dann wird getollt, gespielt, verwöhnt. Trotzdem freuen sich beide Elternteile über Papas Beliebtheit. Zur zweiten Kategorie könnte man diejenigen Väter zählen, die beruflich weniger eingespannt sind, also etwas mehr Zeit mit der Familie verbringen können. Manchmal allerdings, so die Erfahrung, beschränkt sich dieses Mehr an Familienzeit auf eher passive Anwesenheit, die aktiv für eigene Hobbys verwandt wird. Dennoch wird die Möglichkeit begrüßt, familiäre oder schulische Probleme mit dem Vater gemeinsam zu lösen. Zuletzt gibt es die Väter, die sich in einem partnerschaftlichen Lebensmodell zu gleichen Teilen Arbeits- und Erziehungszeit mit der Mutter teilen. Hat sich die Familie für ein solches Lebensmodell entschieden, erleben die Kinder die Anwesenheit Beider als ganz alltägliche Normalität, die oft jedoch von großem organisatorischem Aufwand geprägt ist.

Das letzte Modell gilt in einer im August von der Frankfurter Rundschau veröffentlichten, aktuellen Studie mit jungen Familien als besonders erstrebenswert. Seit 2001 können beide Elternteile nach der Geburt eines Kindes parallel für drei Jahre »Elternzeit« nehmen und Teilzeit arbeiten, danach ermöglicht das »Teilzeit- und Befristungsgesetz« die »Halbe- Halbe-Arbeit« mit Kindern. Allerdings könnten es sich, so die Studie, die wenigsten Familien leisten, längerfristig von zwei halben Gehältern zu leben. Es mangele an flexiblen, qualitativ guten Betreuungsmöglichkeiten sowie an existenzsichernden finanziellen Kompensationsmöglichkeiten durch den Staat für Familien mit geringem Einkommen. Also setzten »die bestehenden familienpolitischen Regulierungen /.../ weiterhin einen traditionellen Familienernährer voraus«. Dies sei zumeist der besserverdienende Vater.

Aber wie bringt dieser nun seine verbleibende Zeit in den häuslichen Alltag ein und dies zur Zufriedenheit aller Familienmitglieder? Wichtig ist weniger die quantitative als die qualitative Anteilnahme an der Kindererziehung, weiß Gabriele Gebhardt, Diplom-Pädagogin mit freier Familienberatungspraxis in Darmstadt. »Kinder brauchen die Vorbilder »Vater« und »Mutter«, die Auseinandersetzung mit beiden Geschlechtern und unterschiedlichen Lebensweisen« erklärt sie. So sollte der Vater informiert sein über die Belange seiner Kinder, spielen, schimpfen, trösten und feste, ihm eigene Aufgaben in Haushalt und Erziehung übernehmen. Dabei sollte er sich nicht von seiner Frau »einteilen« lassen und sich aufs Mithelfen beschränken, sondern in Eigenregie und -verantwortung handeln. Gabriele Gebhardts Rat - siehe dort - an Väter lautet, auch im Beruf deutlich zu machen, dass Erziehungsarbeit wichtig ist und es Termine für Kinder gibt, die auch mal wichtiger sind als der Job. Voraussetzung dabei sei jedoch, dass Väter ihre Rolle gerne übernehmen. An dieser Stelle fordert sie die Mütter auf, Verantwortung weiterzugeben ohne das Gefühl, den Mann als Vater kontrollieren zu müssen: »Mütter bemuttern, Väter bevatern. Übergebe ich dem Mann 50%, dann muss ich damit leben, dass er seinen Teil auf seine Art macht.« Nur seine emotionale Seite dürfe er nicht vernachlässigen, auch im Hinblick auf die Entwicklung der Geschlechterrollen der Kinder. Den Sohn trösten, mit der Tochter Fußball spielen – beides muss möglich sein. Die geschlechsspezifische Erziehung müsse in Richtung Rollenwandel offen bleiben. So bereite sich ein Junge, der mit Puppen spielt, eben auf seine Vaterrolle vor und müsse genauso gelobt werden wie ein Mädchen, das sich im Puppenspiel auf die Mutterrolle vorbereitet.

Sylvia Reeg

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