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Fraueneinrichtungen in Nöten

Treffen des Kreisfrauenforums am 16.9.2003 in Reinheim

Wegen der gerade bekannt gewordenen Sparpläne des Hessischen Sozialministeriums, von der (wieder einmal) Frauen überproportional betroffen sind, war das Treffen bereits als Krisensitzung geplant. Dennoch waren die Vertreterinnen der im Kreisfrauenforum zusammengeschlossenen Einrichtungen und die Kreisfrauenbeauftragte Dagmar Zeiß ziemlich geschockt, als sie die 142 Seiten umfassende »Negativ-Liste« der ab 2004 nicht mehr geförderten Einrichtungen und Projekte vorliegen hatten. Nicht mehr gefördert werden ab 2004 unter anderem Frauenbildungsprojekte, Beruflicher Wiedereinstieg von Frauen, Existenzgründung von Frauen, aber auch Eltern- und Erziehungsberatung, ProFamilia, Schuldnerberatung, Obdachlose/Nichtsesshafte/Randgruppen, etc. Bei den Frauenhäusern wird das Frauenhaus Darmstadt weiter gefördert, während das Frauenhaus des Landkreises Darmstadt-Dieburg in Münster sowie das im benachbarten Rodgau völlig aus der Förderung herausfallen. Für das Frauenhaus in Münster bedeutet die Streichung der Förderung, dass die Einrichtung wahrscheinlich schließen muss. Eine »flächendeckende Versorgung«, wie von Sozialministerin Lautenschläger angekündigt, ist dadurch nicht mehr gegeben. (siehe auch den Kommentar)

Von den anderen Einrichtungen für Frauen sind Sefo-Femkom in Darmstadt und Frauen für Frauen in Groß-Umstadt besonders betroffen, da sie bisher mit ihrem Bildungsprogramm und dem Wiedereinstieg für Frauen in den Beruf vom Hessischen Sozialministerium und dem Europäischen Sozialfond (ESF) unterstützt worden waren. Die Förderung der beruflichen Rückkehr von Frauen durch den Europäischen Sozialfonds ist an die Förderung durch das Ministerium gekoppelt und entfällt automatisch, wenn das Land seine Unterstützung einstellt. Beide Einrichtungen stehen vor der Existenzfrage.

Da bei »Frauen für Frauen« bereits eine Kürzung des Betriebskostenzuschusses durch die Stadt Groß-Umstadt zum 1. Januar 2004 angekündigt wurde, ist hier die Ratlosigkeit groß. Auf einer Mitgliederversammlung soll demnächst über die Zukunft des Vereins entschieden werden. Die Mütterzentren scheinen bisher von den Kürzungen und Streichungen ausgenommen zu sein, was auf eine bewusste, politisch gewollte Entscheidung hindeutet.

Die Teilnehmerinnen sammelten Ideen für ein Aktionsbündnis, das sich in landesweiter Vernetzung gegen die Sparpläne der Landesregierung richten soll.

Die nächste Gelegenheit, sich an Protesten zu beteiligen, ist eine Groß-Demonstration der Beschäftigten am 18. November in Wiesbaden, wenn die Änderungsanträge zum Haushalt 2004 im Hessischen Landtag gelesen werden.

Auf der Homepage des Kreisfrauenforums
www.frauenforum.net
werden aktuelle Infos, Adressen, Links und der Stand der Protestaktionen gesammelt und veröffentlicht,
Infos gibt es auch beim Kreisfrauenbüro unter der Telefon-Nr. 06151 881-1040 oder 41230.

Liliane Spandl

 

Der Kommentar

Der brutalstmögliche Sanierer schlägt zu

Wie gefällt Ihnen, liebe Leserin, die Tatsache, dass Sie mit Ihren Steuergeldern die Eigenheimzulage von Gutverdienenden finanzieren, die sich ein eigenes Haus leisten können und ihre Freizeit auf dem subventionierten Pferderennplatz verbringen?

Wäre Ihr hart erarbeitetes Steuergeld nicht besser angelegt in der Hilfe für Menschen, die die Unterstützung wirklich benötigen?! Zum Beispiel misshandelte Frauen und Kinder, alleinerziehende Mütter, sozial auffällige Kinder, hochverschuldete Familien, Wohngeldempfänger, Obdachlose, Haftentlassene.

Diesen Menschen wird jetzt durch eine brutale Streichung von Fördergeldern in Höhe von 30 Millionen Euro im Sozialetat durch die hessische Landesregierung der Boden für eine menschenwürdige gesellschaftliche Integration entzogen. Frauen und Kinder sind davon besonders betroffen (siehe oben stehenden Artikel).

Ministerpräsident Roland Koch (CDU) zeigt sich dagegen großzügig bei den unverändert hohen Subventionen für den Pferde-Rennclub Frankfurt-Niederrad und den Landesverband der Vertriebenen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Vollblutpferde sind diesem brutalstmöglichen Sanierer offenbar wichtiger als blutig geschlagene Frauen.

Die Finanzkrise des Staates und der Länder ist nicht durch die Ausgaben der Sozialetats verursacht, sondern ausschließlich dadurch, dass zahlungskräftige Gruppen viel zu wenig oder gar nichts zur Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen. Beispiele dafür sind die Körperschaftssteuer, Vermögenssteuer und Börsenumsatzsteuer.

Auch die Abschaffung der nicht mehr zeitgemäßen Eigenheimzulage könnte die meisten der jetzt von der Schließung bedrohten sozialen Projekte retten. Doch deren Reduzierung hatte die CDU im Bundesrat verhindert. Koch verlangt, dass »wir von Gewohntem Abschied nehmen». Diese Politik nimmt vor allem Abschied von der über Jahrzehnte gewachsenen Solidarität mit den Bedürftigen im Land.

Gabriele Merziger

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