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Gioconda Belli: Die Verteidigung des Glücks.
dtv, München 2002, ISBN 3-423-13015-6, ca. 11,50 €

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Politischer Kampf und privates Glück

»Ich könnte nicht leben,
wenn ich nicht glaubte,
dass die Phantasie neue Wirklichkeiten
zu schaffen vermag.«

Ihre Autobiografie liest sich wie ihre Romane: die spannende Geschichte einer Frau, eingebettet in philosophische Reflexionen und Malereien von Gefühlswelten. Und spannender als ein Roman ist ihr Leben allemal.

Im Nicaragua der Somoza-Diktatur geboren und aufgewachsen, empfindet Gioconda Belli schon als Kind einen großen Widerstand gegen die Ungerechtigkeiten der verschiedenen Welten in ihrem Land. Ihr bürgerliches Leben in der privilegierten, regimekritischen, aber nicht politisch engagierten, Oberschicht steht in großem Kontrast zu dem Leben der ErntehelferInnen auf den Kaffeeplantagen. Ihre Empörung über soziale Ungerechtigkeit und die Ausbeutung ihres Landes legt sich nicht, sondern führt dazu, dass die junge Frau sich im Untergrund der Widerstandsbewegung gegen das Regime Somoza anschließt.

Gioconda Belli erzählt von ihrer Zugehörigkeit zu den Sandinisten und ihrer Philosophie, vom Kampf im Untergrund, ihrem Leben im Exil und dem Versuch des Wiederaufbaus Nicaraguas nach dem Sieg der Frente Sandinista. Aber sie erzählt auch von ihrem privaten Leben als Ehefrau, Geliebte und Mutter und ihrer Berufung als Schriftstellerin. Niemals hat die Leserin das Gefühl, dass sie nur in einer Welt, der politischen oder der privaten, lebt, immer sind beide miteinander verknüpft. Und in allen ihren Lebensbereichen ist sie immer bemüht, sich ein Stück Glück zu bewahren. Daraus schöpft sie ihren Mut und ihre Kraft, das macht sie zur Kämpferin und Idealistin, der gesellschaftliche Konventionen weitgehendst egal sind.

»Die Geschichte ist ein langer Prozess. Wenn man es schafft, die Geduld aufzubringen, das zu verstehen, bringt es einem Befriedigung, für die kleinen Veränderungen zu kämpfen, sie voranzutreiben. Man darf etwas nicht einfach deshalb verloren geben, weil es nicht im Zeitraum der eigenen Existenz geschehen kann.«

Das Buch ist gut zu lesen und gibt einen Überblick über die spannende Zeitgeschichte. Es ist gleichzeitig aber auch die Geschichte einer Frau, der Liebe zu den Menschen alles bedeutet. Trotz aller Gefühlsbeschreibungen ist es kein theatratisches Buch, sondern im Gegenteil sehr reflektiert. Genau das macht es zu einer spannenden Lektüre.

Gabriele Merziger

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