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Salesia Aviat:
»Man findet immer genügend Zeit, um anderen Freude zu machen.«

Viele Kinder und junge Mädchen arbeiteten früher unter gesundheitsschädlichen Bedingungen in den Wirkwarenfabriken von Troyes zehn und mehr Stunden am Tag für einen Hungerlohn. Und sie hungerten auch, da sie oft auf sich alleine gestellt waren, ihre Familien wohnten meistens auf dem Land. Diesem Elend der Arbeitermädchen wollte die Oberin des Heimsuchungsklosters von Troyes, Mutter Marie Salesia Chappuis, ein Ende bereiten. Das am 16. September 1844 geborene Mädchen Marie Salesia kam mit 11 Jahren aus ihrer Heimat in der Schweiz in das Pensionat der Heimsuchung von Troyes. Schon bald fühlt sie sich als Heimsuchungsschwester berufen, 1866 trat sie gegen den Willen ihrer Eltern in das Arbeiterinnenwerk des Abbé Brisson ein. Ihr oberstes Ziel war es, den arbeitenden Mädchen zu helfen und sie zu lehren, ihr Leben als Frauen und Christinnen in verantwortungsvoller Weise zu leben. Es folgten ihr weitere junge Frauen in die neu gegründete Gemeinschaft der Oblatinnen des Heiligen Franz von Sales. In Troyes, Paris, Plancy und vielen anderen Städten Frankreichs entstanden Arbeiterinnenwerke und Schulen, und bald gingen Oblatinnen auch in die Schweiz, nach Österreich, Italien, Sudafrika und Südamerika. Während der religiösen Verfolgung in Frankreich wurden alle Häuser der Oblatinnen enteignet, sie mussten auch die Gründungsstätte in Troyes verlassen. Das neue Mutterhaus wurde von Mutter Francoise in Italien errichtet. Mutter Francoise de Sales starb am 10. Januar 1914, ihre vollständig erhaltenen sterblichen Überreste wurden 1961 von Italien nach Troyes überführt und in der Krypta Saint Gilles beigesetzt. 1992 wurde sie in Rom wegen der wunderbaren Heilung von Vicent Kesner selig gesprochen. Troyes liegt mitten in der Region Champagne Ardenne, etwa 160 Kilometer südöstlich von Paris. Die Stadt hat mit allen zu ihr zählenden Gemeinden ungefähr 125.000 EinwohnerInnen, Troyes war bis vor einigen Jahren ein wichtiger Standort der französischen Textilindustrie und hat deshalb unter dem Rückgang in der industriellen Fertigung von Textilwaren besonders gelitten. Um die wirtschaftliche Zukunft Troyes zu sichern, fördert die Stadt nun verstärkt die Ansiedlung von Factory-Outlets und den Tourismus.

Gabriele Merziger

Keine Frauenparkplätze dafür Kinderbetreuung

Leben mit drei Töchtern in Frankreich

Welche in Frankreich auf einem Parkplatz nach einem speziel- len Frauenparkplatz sucht, wird nicht fündig werden. Doch dafür würde ein Umzug mit Familie und Kindern einiges zutage bringen.

So gibt es in Frankreich ein nahezu flächendeckendes Angebot an Krippenplätzen für die kleine Tochter. Selbst in eher ländlichen Gegenden hat sich die Regierung ein Modell mit Tagesmüttern ausgedacht, die eine eventuell fehlende Krippe ersetzen. Die Kosten sind im Vergleich zu hiesigen gering.

Die ältere Schwester kommt in die école maternelle, was eine Mischung aus Kindertagesstätte und Vorschule ist. Mit dem Besuch beginnt für sie die Schulpflicht. Sie lernt dort, neben einem breit gefächerten Vorschulangebot die sozialen Grundlagen für Lerngruppen, zusammen arbeiten, Aufgaben bewältigen und zu Ende führen. Für manche ihrer Freundinnen, die noch nicht so gut Französisch sprechen, sind die Jahre in der école maternelle eine gute Chance um die Sprache zu lernen, auch wenn zu Hause nur wenig Französisch gesprochen wird. Sie kann dort essen und in einer Nachmittagsbetreuung bis 18.00 Uhr bleiben, so dass die beiden jüngeren Schwestern zusammen abgeholt werden können.

Die große Schwester kommt in die Schule, da sie schon sechs Jahre alt ist. Auch für sie steht nach Schulschluss eine Betreuung bereit, in der eine Vielzahl von Freizeitaktivitäten möglich sind.

Frei haben alle drei Mädchen am Mittwochnachmittag. Das ist der traditionelle Familiennachmittag in Frankreich - sozusagen ein Mal mitten in der Woche Luft holen. Außerdem gibt es die langen Sommerferien von drei Monaten. Die meisten verbringen einen Teil davon in einem Ferienlager, einen Teil mit ihren Eltern und einen Teil bei anderer Verwandtschaft. Sollte einer dieser Teile fehlen oder man keinen Urlaub bekommen, gibt es günstige Angebote vom Staat.

Sie haben nun also die Möglichkeit sich in ihrem Beruf weiterzubilden, eine Arbeitsstelle anzunehmen oder Arbeit und Haushalt zu kombinieren, ohne einen komplizierten Betreuungsplan ihrer Kinder erarbeiten zu müssen. Ein Blick auf die Stellenanzeigen zeigt, dass sich die Ausschreibungen alle an Frauen und Männer richten - Erfolg einer Gesetzesnovelle der 90er, die eine Diskriminierung unter Strafe stellte. Sollten sie sich in ihrer Freizeit, wie von hier gewohnt, für eine politische Partei engagieren, werden sie feststellen, dass recht wenige Frauen den Weg dorthin finden. Nur weniger als 10 Prozent der Frauen finden sich in bedeutenden Positionen von Verwaltung, Parteien und Wirtschaft. Dabei zeigt ein Blick auf die Wahlzettel, dass sie bei Wahlen zum Beispiel immer zu ungefähr gleichen Teilen aufgeführt sind. Wie diese Diskrepanz zustande kommen kann, obwohl die formalen Voraussetzungen gut scheinen, muss noch nachgegangen werden.

Auf eine Sache stoßen sie noch zufällig in einem Zeitungsartikel. Frauen, die in Frankreich ungewollt schwanger sind, haben trotz der staatlichen Förderung des Kinderkriegens, die Wahl, sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus sozialen Gründen abzutreiben, wozu in Frankreich auch der Gebrauch der Abtreibungspille RU 486 erlaubt ist.

Nun, es war eine gute Entscheidung mit ihren drei Töchtern für einige Jahre nach Frankreich zu gehen.

Anja Spangenberg

 

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