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Foto: Susanne Kagerbauer

»Die italienischen Männer sind hilflos ohne ihre Frauen«

Ein Interview mit den Schülerinnen Marta Mucchetti, Alice Dusi und Petra Chiodi aus Brescia in der Alice-Eleonoren-Schule in Darmstadt

Die drei Mädchen sind im Rahmen des städtepartnerschaftlichen Austauschprogramms in Darmstadt zu Besuch. Wir treffen uns in der Bibliothek der Schule und plaudern über das Leben von Frauen in Italien. Die Schülerinnen haben ein klares Bild von der Situation der Frauen in ihrem Heimatland: fast jede italiensche Frau steht unter der Doppelbelastung Arbeit - Familie. Es ist überall so, dass die Frauen für den Einkauf, für das Kochen und die Kinder verantwortlich sind. Sie organisieren das tägliche Leben - wozu auch Behördengänge gehören. Wenn die Ehefrau verreist oder krank ist, bricht das familiäre Leben zusammen. Während dieser Zeit wohnen weibliche Verwandte der Familie mit in der Wohnung, um die verwaisten Familienmitglieder vor dem Chaos zu bewahren.

Marta drückt es zugespitzt so aus, dass italiensche Männer ohne ihre Frauen völlig hilflos seien. Überhaupt wird sich immer in der Familie, da sind sich meine drei Interviewpartnerinnen einig, untereinander geholfen. Italienische Eltern unterstützen ihre Kinder lange. Familie und Kinder haben in Italien einen hohen positiven Stellenwert - obwohl laut Statistik die Geburtenrate eine der niedrigsten in der EU ist. Alice erklärt das damit, dass die Frauen »keine Zeit« zum Kinderkriegen hätten. Sie ziehen aus, suchen sich einen Job und bauen sich ein eigenes Leben auf. Junge Männer hingegen bleiben bei ihren Eltern wohnen und werden von ihren Müttern versorgt. Geheiratet wird normalerweise erst mit dreißig oder später, die Frau übernimmt dann die Haushaltsführung des Ehepaares.

Mittags trifft sich die Familie zum Essen in der Wohnung. Es ist normal, dass Familien in der Nähe wohnen, wenn nicht sogar im gleichen Haus, so dass Oma oder Tante jederzeit einspringen können, wenn die Dame des Hauses beispielsweise einen längeren Friseurtermin wahrnehmen muss. Auf das Aussehen verwenden italienische Frauen sowieso viel Zeit, das Aussehen und die Mode besonders der Frauen spielt in Italien eine große Rolle. Bei Männern wird nicht so viel Wert drauf gelegt.

Marta, Alice und Petra wollen studieren und berufstätig sein und erachten das als ganz normal. Auch Heiraten und Kinder bekommen wollen sie, allerdings erst später und auf jeden Fall sollen die Männer im Haushalt mithelfen und sich mit um die Kinder kümmern.

Ganz anders sieht es im öffentlichen Leben aus. Dieses wird nach Wahrnehmung von Petra fast komplett von den Männern dominiert. Die anderen beiden nicken zustimmend und merken an, dass Italien zwar eine Bildungsministerin hätte und dass bei den lokalen Wahlen Ende Mai wahrscheinlich eine neue Bürgermeisterin gewählt werde. Aber im allgemeinen hätten Frauen nicht viel politische Macht, da sie nur »low budget«- Aufgaben übernehmen und besonders im schlecht bezahlten Sektor Bildung und Gesundheit tätig seien.

Bei der Frage nach Frauen-Organisationen in Italien kommen die drei Mädchen ins Grübeln. Ja, es gibt verschiedene Organisationen, jedoch sind diese nicht sehr bekannt. Ganz anders der Internationale Frauentag am 8. März, da bekommt jede Frau von einem ihr nahestehenden Mann einen Mimosenstrauß geschenkt, das ist eine schöne Tradition.

Susanne Kagerbauer

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