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»Männer und Frauen sollen gemeinsam an der Entwicklung ihres Landes arbeiten!«

Banu Demirag, Generalsekretärin im Bereich Kultur, Kunst und Tourismus, berichtet über das Leben von Frauen in Bursa

Es ist nicht leicht, über die Lage der Frau in der Türkei und im speziellen in meiner Heimat Bursa, der viertgrößten Stadt, zu berichten, es gibt große Unterschiede. Die Hälfte aller Frauen, die in der Stadt leben, sind Hausfrauen. Egal, ob sie noch eine anstrengende Tätigkeit ausüben oder nicht, sie müssen sich um den Haushalt kümmern, wenn sie von der Arbeit nach Hause kommen. Frauen arbeiten immer mehr als Männer! In den letzten zehn Jahren wurden zunehmend Frauen berufstätig. Es setzt sich immer mehr durch, dass Hausfrauen versuchen, ihre Familie zu unterstützen, indem sie für andere kochen, nähen oder sonstige Hausarbeiten machen.

Es heißt, dass Frauen leichter eine Arbeitsstelle finden, da sie immer auf der gleichen Stufe in das Berufsleben einsteigen und keine Karrieremöglichkeiten haben. Dies stimmt so nicht. Zum Beispiel in den Bereichen Tourismus, Medien oder Verkehrsbetriebe kann man auch als Frau die Karriereleiter erklimmen. Ich selbst koordiniere kulturelle Veranstaltungen. Dabei werde ich von den verschiedensten Seiten unterstützt und überhaupt nicht unterdrückt. Ich denke, dass ich mein berufliches Ziel durch meine persönlichen Bemühungen ebenso wie ein Mann erreicht habe. Ab dem Jahr 1975 hat die Anzahl der Frauen im Verhältnis zu den männlichen Kommilitonen an den Hochschulen rapide zugenommen. Leider sind 40 Prozent dieser hochgebildeten Frauen arbeitslos. Immerhin sind an den Universitäten 33 Prozent aller Lehrkräfte Frauen. Die Statistiken des Jahres 2000 zeigen, dass in Bursa 30 Prozent aller Frauen die allgemeine Schulpflicht von acht Jahren wahrgenommen haben. An den allgemeinbildenden Schulen haben die weiblichen Lehrkräfte sogar einen Anteil von 43 Prozent. Auffallend finde ich, dass 65 Prozent aller Rechtsanwälte und Beschäftigte im Sektor Gesundheit Frauen sind.

In unserem Stadtparlament sitzen nur 10 Prozent Frauen. Aber wir haben in der Türkei eine Ministerpräsidentin sowie eine Regierungspräsidentin, und in Bursa regiert eine Bürgermeisterin. Dazu kommt jetzt noch eine Vorsitzende bei der Rechtsanwaltskammer. Frauen haben in letzter Zeit in der Öffentlichkeit bei uns ganz eindeutig an Einfluss gewonnen. Alle politischen Parteien haben Frauenabteilungen, Frauen leiten Institutionen oder unabhängige Frauenorganisationen.

Leider werden immer noch Frauen von ihren Männer geschlagen oder von ihren Vätern oder älteren Brüdern unterdrückt. Zum Glück gibt es Einrichtungen, wo sie Hilfe finden. Zu den Frauenorganisationen, die hier engagiert mitarbeiten, gehört unter anderem KADER. KADER ist eine unabhängige Organisation gegen die politische Macht der von Männern dominierten Gesellschaft. Ihr Ziel ist es, Frauen an der politischen Diskussion aktiv teilnehmen zu lassen. In Bursa existiert zudem eine unabhängige FrauenInitiative. Die zahlreichen Mitglieder organisieren Seminare, Feste und Podiumsgespräche, um Frauen an die verschiedenensten Themen in unserem Land heranzuführen und ihr Bewusstsein zu schärfen. Das Bewusstsein für die Gleichberechtigung der Frau ist ziemlich auf diese Fraueninstitutionen beschränkt.

Eigentlich bin ich als Frau gegen die Frauensolidarität. Ich bin eine Gegnerin der Idee der Weggabelung, an der sich Männer und Frauen voneinander trennen. Meiner Meinung nach sollten immer zuerst die Menschen als Personen gesehen werden und nicht als Mann oder Frau. Es ist nicht richtig, die Geschlechter zu trennen, da die Frauen nur zusammen mit den Männern etwas erreichen können.

Banu Demirag

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