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Für Frauen in Logroño:

Pioneros
nennt sich ein Projekt, in dem sozial benachteiligte Frauen arbeiten. In der Industrieschneiderei erlernen sie das Nähen. Außerdem wird ihnen Training in Sozialverhalten und Persönlichkeitsentwicklung angeboten, um ihre Chancen beim Finden von Arbeit zu verbessern. Das Projekt besteht seit vier Jahren und hatte in der ersten Zeit eine Vermittlungsquote von gut 50 Prozent. duch die nachlassende Konjunktur finden weniger Frauen Arbeit, was für das Projekt geringere öffentliche Förderung bedeutet. Um aus dieser Misere herauszukommen, wird momentan angedacht, eine Kooperative mit verschiedenen Sub-Unternehmen zu gründen, die jede für sich wirtschaften soll.

CoCo
heißt eine Frauengruppe, die alljährlich am 8. März einen Brunnen mit acht männlichen Statuen, allesamt Repräsentanten aus Logroños Geschichte, frauenpolitisch gestalten. Dabei werden den Statuen Schürzen mit aktuellen Parolen aus der Frauenpolitik umgebunden.

Der Elektronische Notruf
existiert seit 1999. Dabei erhalten von Gewalt betroffene Frauen entweder ein Gerät für Zuhause oder ein mobiles. Zuhause haben sie ein Armband mit einem Notrufknopf und einem Lautsprecher im Haus, der bei Alarm alles an die Notrufzentrale überträgt und die Polizei alarmiert, die innerhalb von drei Minuten eintreffen soll. Diese Notrufe werden sowohl bei Gewalt gegen Frauen, als auch bei Eltern, die sich von ihren Kindern bedroht fühlen, eingesetzt.
Die mobile Variante nutzt die Taste 2 eines Mobiltelefons, wodurch dann per Satellit der eigene Standort ausfindig gemacht werden kann, an den die Polizei dann kommt. Alle Aufnahmen aus den Notrufen dienen als Beweismittel bei einem späteren Verfahren.

Frauenbüro der Stadt DA/Anja Spangenberg

Frauen in Logroño

Yolanda de Blas Ezquerro, Psychologin im Sozialdienst der Stadtverwaltung Logroño und verantwortlich für Frauenförderung und Chancengleichheit im städtischen Programm, schreibt über Frauen und Frauenleben in Darmstadts Schwesterstadt Logroño.

Vor 25 Jahren waren die Straßen von Logroño ein reservierter Raum für die Männer, die nach der Arbeit dort in Cafés bei einem Glas Wein saßen, Karten spielten und über Fußball und andere »Männerangelegenheiten« redeten. Die Frauen hielten sich währenddessen zu Hause auf, kümmerten sich um Kinder und Haushalt. Mit ihren Ehefrauen ließen sich die Männer nur am Samstagabend beim Tanzen oder beim Flanieren am Wochenende auf der Straße sehen.

Heute haben sich die Frauen in Logroño einen Teil der Cafés und der Straße erobert. Sie nehmen sich das Recht, am Nachmittag mit ihren Freundinnen im Café zu sitzen und über »Frauenangelegenheiten« zu reden.

Die äußeren Bilder haben sich verändert.Verbrachten früher Männer und Frauen getrennt ihre Freizeit - sofern bei den Frauen von Freizeit geredet werden konnte -, wird heute mehr gemeinsam unternommen. Heute teilen sich die Geschlechter die Freizeit und den Raum: sie gehen gemeinsam zu Sportveranstaltungen, ins Kino, Theater oder Schwimmbad. An den Wochenenden trifft man sich mit der Familie, macht Ausflüge aufs Land oder zu den Eltern in der Heimatregion. Auch an Logroño ist die Zeit nicht spurlos vorüber gegangen. Logroño ist die Hauptstadt der im Nordwesten von Spanien liegenden Region La Rioja mit etwa 265.000 Einwohnern. In der Stadt selbst leben etwa 137.000 Einwohner, von denen knapp 71.000, das heißt 54 Prozent, Frauen sind. Bekannt ist Rioja durch den gleichnamigen Wein, der Weinanbau ist auch die wichtigste Einnahmequelle der Region. Wanderern dürfte Logroño ein Begriff sein, durch die Straßen unserer Altstadt führt der »Jakobsweg« (Camino de Santiago).

Logroño muss mit dem Andrang einer großen Anzahl von ausländischen Einwanderern fertig werden, die aus Afrika, Asien oder Südamerika kommen. Der Hauptteil der aus Südamerika immigrierten Menschen sind alleinstehende Frauen, die als Hauspersonal sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe arbeiten.

Generell ist die Eingliederung der Frauen in Logroño in den Arbeitsmarkt immer noch unzureichend. In der Region Rioja liegt die Arbeitslosenquote mit 7,4 Prozent unter dem spanischen Durchschnitt mit 9,4 Prozent, aber von den insgesamt 8.500 arbeitslosen Personen sind 62 Prozent Frauen. Besonders in der Altersgruppe der 25- bis 30jährigen sind insgesamt 2.440 Arbeitslose registriert, 1.660 davon sind Frauen.

Nach einer Umfrage aus dem Jahr 1998 arbeiten oder suchen Arbeit etwa 55 Prozent der Frauen zwischen 25 und 45 Jahre. Die restlichen 45 Prozent sind zu Hause. Die Frauen arbeiten in der Konserven-, Textil- oder Schuhindustrie, im Handel, Hotel- oder Gaststättengewerbe und in Reinigungsunternehmen. Viele Frauen sind in öffentlichen Einrichtungen wie in Krankenhäusern oder Bildungseinrichtungen tätig, wenige haben Jobs in Banken oder Versicherungen. Die weibliche Arbeitslosenrate ist höher als die männliche. Die regionale und örtliche Verwaltung versucht, diesen Mangel durch Berufsumschulungskurse, Einstellungshilfen und die Gründung von kleinen Firmen, die von Frauen geleitet werden, wettzumachen.

Die Rolle der Frau in der Familie ist immer noch die, dass sie die größte Last bei der Versorgung der Kinder und des Haushaltes trägt. Zwar zeigen sich immer mehr Väter mit ihren Kindern in der Öffentlichkeit, doch auch hier trügt das äußere Bild, denn die Verantwortung für die Kinder (Kleidung, Nahrung, Arztbesuche oder Gespräche mit Lehrern) bleibt bei der Frau. In den männlichen Köpfen bedeutet Arbeitsteilung: die Frauen haben sich um Kinder und Haushalt zu kümmern. Diese »Arbeit« wird Frauen, die im Berufsleben stehen, zum Teil von den Großeltern abgenommen, die die Kleinkinder (meist bis zum Alter von drei Jahren) der Familie versorgen. Hier gibt es nämlich keine kommunalen Betreuungsangebote. Deshalb ist seit 1997 in Spanien gesetzlich geregelt, dass arbeitende Frauen mit Kindern zwischen null und drei Jahren 100 Euro Zuschuss zur Kinderbetreuung erhalten. Unternehmen, die Frauen mit Kindern in diesem Alter beschäftigen, erhalten ebenfalls einen Zuschuss. Kinder ab drei Jahre können Kindertagesstätten in Logroño besuchen, die von der Stadtverwaltung mit Zuschüssen und wirtschaftlichen Hilfen unterstützt werden. Kinder, die in die Schule gehen, können dort in der Regel auch essen. Der Unterricht dauert bis gegen 16:30 Uhr und fast alle Schulzentren haben einen Speisesaal.

Über 59 Prozent der Menschen über 65 Jahre in Logroño sind Frauen. Frauen über 55 sind die großen »Aufpasserinnen«. Ihre Aufgabe innerhalb der Familie besteht oft darin, auf die Enkelkinder aufzupassen oder noch ältere Personen zu pflegen.

Eine Frauenbewegung gibt es in Spanien, wie auch international, seit den 70er Jahren. Die Besonderheit der spanischen Frauenbewegung bestand darin, im politischen Kampf gegen die Diktatur Francos vereint gewesen zu sein. Dies hieß, im Untergrund für Frauenrechte im allgemeinen Kampf der politischen Parteien und der Arbeiterbewegung für Freiheit und Demokratie tätig zu sein. Nach dem Tod von Franco (1975) bildete sich eine unabhängige Frauenbewegung, die sich beispielsweise für ein gerechtes Scheidungsgesetz, für Familienplanungszentren oder die Gründung von Fraueninstituten stark machte.

In unserer Region gibt es heute keine allgemeine, organisierte und Forderungen stellende Frauenbewegung mehr, eher spezielle Abteilungen für Frauenangelegenheiten in politischen Parteien oder Gewerkschaften. Sieht man von Vereinigungen wie zum Beispiel der Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen oder Landfrauen ab. Die Vereinigungen in Logroño beteiligen sich an der städtischen Politik über ein Gremium, das sich »Arbeitsgruppe der Frauen« nennt. In dieser Gruppe berichtet die zuständige Sozialdezernentin über Maßnahmen und Tätigkeiten in Sachen Frauen und Chancengleichheit.Im Regionalparlament von La Rioja beträgt der Frauenanteil 36 Prozent, in der Regionalregierung 13 Prozent und im Stadtrat von Logroño 30 Prozent.

Das wichtigste Thema, für das sich unsere Frauen derzeit engagieren, ist der Kampf gegen häusliche Gewalt. Misshandlungen von Frauen durch ihren Partner sind auch in Logroño eines der größten Probleme. Seit 1997, nachdem viele Frauen, die ihre Ehemänner wegen Misshandlungen angezeigt hatten, von eben diesen ermordet wurden, gibt es juristische, soziale und politische Maßnahmen gegen die häusliche Gewalt. Im Jahr 2002 wurden in Spanien 74 Frauen von ihren Partnern getötet, in Rioja weist die Statistik 187 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt aus. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein.

Das juristische System ist nach wie vor unzulänglich und gewährt keinen ausreichenden Schutz. In Spanien gibt es daher ein Netz von Frauenhäusern und Frauenzentren. In Logronño haben wir Frauen ein kostenloses Telefon für misshandelte Frauen eingerichtet, das jeden Tag und 24 Stunden lang von Fachkräften besetzt ist. Das Telefon wird von der Stadt Logroño finanziert. Den Frauen wird räumlicher Schutz in einem nahegelegenen Kloster geboten. Die Stadtverwaltung hat mit den Ordensschwestern die Vereinbarung getroffen, dass sie die gefährdeten Frauen im akuten Notfall drei bis acht Tage unterbringen. Außerdem wird betroffenen Frauen psychologische Unterstützung, soziale und kostenlose rechtliche Unterstützung gewährt. Das »Frauentelefon« hat 2001 über 270 Frauen betreut, 57 Frauen und ihre Kinder erhielten eine sichere Unterkunft. Das Land Rioja unterhält darüber hinaus ein Frauenhaus mit 16 Plätzen.

Der Besuch in der Schwesterstadt Darmstadt hat bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Gerade der Austausch über die Probleme der Frauen hier und deren Lösungsmöglichkeiten war sehr interessant. Überhaupt gibt die Beziehung zu einer anderen Stadt einem die Möglichkeit, seinen Horizont in jeder Hinsicht zu erweitern.

Darmstadt scheint mir eine angenehme Stadt zum Leben zu sein. Ich fühlte mich hier sehr freundlich aufgenommen und betreut und nutze die Gelegenheit, um allen, speziell Lucrecia und Peter, für den unvergesslichen Aufenthalt zu danken.

Yolanda de Blas Ezquerro/Helge Ebbmeyer

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