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MATHILDE

Foto: Lesoy, Sipa Press, Paris

Aktiv gegen die weibliche Genitalverstümmelung

Gritt Richter über die Arbeit von TERRE DES FEMMES - einer besonderen Menschenrechtsorganisation

Frauen und Mädchen sollen in den Genuss ihrer vollen Menschenrechte kommen und als gleichwertige Mitglieder ihrer Gesellschaften geachtet werden - überall auf der Welt! Das ist das Anliegen von TERRE DES FEMMES (TDF), einer 1981 gegründeten gemeinnützigen Menschenrechtsorganisation für Frauen. Dass dieses Ziel leider bis jetzt nicht vollständig in die Tat umgesetzt ist, beweist die noch immer weit verbreitete Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung, seit Jahren ein Schwerpunkt der Arbeit dieser Organisation.

Die weibliche Genitalverstümmelung

Weltweit leben 150 Millionen Mädchen und Frauen in Afrika, Teilen Asiens und auf der arabischen Halbinsel mit verstümmelten Genitalien. Jährlich kommen etwa 2 Millionen hinzu, das sind 6000 jeden Tag. Den Betroffenen wird die Klitoris teilweise oder vollständig abgetrennt. Oft werden zusätzlich die kleinen Schamlippen amputiert. In 15 Prozent der Fälle entfernt man zudem einen Teil der großen Schamlippen und vernäht die Vagina bis auf eine winzige Öffnung. Dies alles geschieht meist ohne Anästhesie.

Die Qualen sind kaum vorstellbar. Körperliche und seelische Schäden, die in Folge der Verstümmelung entstehen, führen oft zu massiven Beeinträchtigungen der Gesundheit und Lebensqualität betroffener Frauen und Mädchen. Als Rechtfertigung für die Durchführung der Praktik werden äußerst vielfältige und oft sehr widersprüchliche Begründungen angegeben. Tatsächlich geht es um die Kontrolle weiblicher Sexualität. Frauen können sich diesem Brauch nur sehr schwer entziehen. Tun sie es doch, werden sie innerhalb ihrer Gemeinschaften oft mit totaler Ächtung bestraft und ihnen wird ihre Existenzgrundlage entzogen. Dies trägt zur Fortführung der Praktik bei und erschwert schnelle Erfolge in den Aufklärungskampagnen in Afrika.

Jahrelang wurde Genitalverstümmelung mit dem Verweis auf unveränderliche Traditionen anderer Kulturen legitimiert. Für TDF kein Argument, denn die Würde der Frau variiert nicht von Kulturkreis zu Kulturkreis oder von Land zu Land. Sie gilt für alle Frauen weltweit. Deshalb engagiert sich die Organisation auch bereits seit den 80er Jahren gegen diese Menschenrechtsverletzung. Mit einer intensiven Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland möchte sie Menschen aufrütteln und motivieren, sich ebenso für eine Abschaffung der Praktik einzusetzen. Auf der anderen Seite unterstützt sie verschiedene Projekte von Frauen in Afrika.

Schritte nach vorn

In den letzten Jahren konnte TDF mit ihrer Arbeit in Deutschland wichtige Fortschritte erzielen. Das Interesse der Öffentlichkeit am Thema ist gestiegen. Artikel wie dieser legen darüber Beweis ab. Mittlerweile engagieren sich auch viele andere Vereine für das gemeinsame Ziel. Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit sowie die deutsche Bundesregierung unterstützen zunehmend Projekte, die in Afrika gegen die Praktik arbeiten.

Die konkrete Arbeit in Deutschland

TDF konnte in den letzten Jahren viele Ideen und Vorhaben in die Tat umsetzen, so z.B. einen Kinospot im Rahmen der Informationsarbeit. Die Geschichte des Spots spielt in Deutschland. Damit rückt TDF bewusst den Handlungsbedarf vor der eigenen Haustür ins Blickfeld, denn Migrationsbewegungen haben zu einer räumlichen Ausbreitung der genitalen Verstümmelung geführt. Allein in Deutschland leben mindestens 21.000 betroffene Frauen und 6.000 gefährdete Mädchen.

Diesen Frauen und Mädchen Hilfe und Schutz zu gewähren, genießt neben der Öffentlichkeitsarbeit Priorität. Deshalb klärt eine von TDF herausgegebene Broschüre in sechs Sprachen MigrantInnen über die Praktik und deren gesundheitliche Auswirkungen auf und hilft damit in Zukunft Verstümmelungen zu verhindern. Sie wird auch von MedizinerInnen, SozialarbeiterInnen etc. zur Prävention eingesetzt. Um sicherzustellen, dass verstümmelte Frauen eine angemessene medizinische Behandlung erhalten, bietet der Verein Fortbildungsveranstaltungen für MedizinerInnen an.

In diesen und anderen Veranstaltungen sowie in Veröffentlichungen und Artikeln setzt sich TDF immer für eine differenzierte Herangehensweise an die Thematik ein. Denn eine verkürzte Darstellung dient weder dem Verständnis der Praktik noch den Betroffenen. Sie kann Rassismus schüren und den Weg zu den betroffenen Frauen und Männern verschließen. Es ist daher wichtig, Informationen über die Verstümmelungen in ihren sozio-kulturellen Hintergrund einzubetten. Zeugnis darüber legt beispielsweise eine von TDF herausgegebene Publikation zum Thema ab. Eine geplante CD-ROM für SchülerInnen wird in dieser speziellen Zielgruppe Wissensdefizite zum Thema schließen.

Das alles ist jedoch nicht genug. Immer mehr Menschen müssen auf diese Menschenrechtsverletzung aufmerksam gemacht werden. Deshalb stehen für die Öffentlichkeit Ausstellungen zur Verfügung. Über eine Fotoausstellung kann man die Aufklärungsarbeit eines TDF-Projektes gegen Genitalverstümmelung in Kenia kennenlernen. Eine Gemäldeausstellung, die in Kooperation mit anderen Organisationen realisiert wurde, zeigt Arbeiten junger nigerianischer KünstlerInnen und ermöglicht einen anderen Zugang zum Thema.

Der Einsatz in Afrika

Neben der Arbeit in Deutschland engagiert sich TDF in Afrika. Die Organisation unterstützt Projekte in Burkina Faso, Kenia und Tansania. Die Motivation und das Engagement der Frauen und Männer vor Ort sind groß, die Aufgabe ist es auch: in einzelne Dörfer gehen, seien sie auch noch so weit entfernt, dort mit den Menschen das Gespräch über dieses Tabu suchen und sie zu einem Umdenken bewegen. Aussichtslos ist das keineswegs. Viele Erfolge konnten bereits errungen werden: Beschneiderinnen legten ihre Werkzeuge nieder, Imame und Dorfvorsteher sprachen sich öffentlich gegen die Tradition aus, Eltern gaben die Praktik auf. Eine Mitarbeiterin des Projektes in Burkina Faso ist fest davon überzeugt, dass immer mehr Mädchen in ihrem Land dieses Schicksal für die Zukunft erspart wird.

Ein Engagement gegen die genitale Verstümmelung ist ein Engagement für eine bessere Zukunft von Frauen und Mädchen!

Die Arbeit von TDF zeigt: Veränderungen sind möglich! Genitalverstümmelungen an Frauen und Mädchen werden eines Tages der Vergangenheit angehören. Bis dahin ist jedoch noch viel weitere Arbeit nötig. Deshalb braucht die Organisation auch ihre Unterstützung. Wenn Sie helfen oder spenden möchten, setzen Sie sich einfach mit TDF in Verbindung.

TERRE DES FEMMES
PF 25 65 72015, Tübingen
Tel. 07071/7973-0 Fax. 07071/7973-22
www.frauenrechte.de
genitalverstuemmelung@frauenrechte.de

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