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MATHILDE

Wo meine Seele Urlaub macht

Urlaub in Griechenland

Etwas nervös hielt ich am Ausgang des Athener Flughafens nach dem Schild meines Reisebüros Ausschau. Glücklicherweise fand ich es gleich - es war in der Hand eines jungen Mannes, der mich schon ganz erwartungsvoll anlächelte. Wie sich herausstellte war sein Name Stefanos und er hatte schon etliche andere Urlaubshungrige um sich versammelt, an die er aus einem Korb großzügig frische Orangen verteilte.

Auf der Fahrt in unser Hotel knüpften wir dann schon die ersten Kontakte. Abends durften wir dann zum ersten Mal die Kochkünste von Mama Eleni versuchen - ein Gedicht. Unser Reiseleiter Matthias erklärte uns: "Sie werden hier essen wie die Griechen: alles kommt auf den Tisch und jeder nimmt sich irgendetwas davon." So war es dann auch - bei Tzatziki, griechischem Salat, Gemüse und vielem mehr gab es dann ein fröhliches Schlemmen. Abends fielen wir erschöpft in unsere Betten.

In den nächsten Tagen erfuhren wir von Matthias sehr viel über Griechenland. Ob in liebevoll aufbereiteten Vorträgen - z.B. über den kretischen Autor Nikos Kazantzakis (der nicht nur Alexis Sorbas schrieb) oder die Situation der Griechinnen in ihrem Land. Nach diesem Vortrag haben sicher einige Frauen das gleiche gedacht wie ich - welch ein Glück wir haben. Denn auch bei Sonnenschein rund um die Uhr ist der Alltag der meisten Griechinnen nicht gerade sonnig: Haushalt, Kinder und der Ehemann wollen rund um die Uhr zufriedengestellt werden. Die Führung des Hotels oder Geschäftes, die Bewirtschaftung des eigenen Orangen oder Olivenhaines läuft dann noch so ganz nebenbei. Der familieneigene Macho sitzt derweil im Kafenion und macht mir anderen seiner Gattung Politik oder philosophiert so vor sich hin. Oft ist das der erste Eindruck, den wir als Touristinnen gewinnen. Schauen wir aber genauer hin, kann es durchaus sein, dass wir eine selbstständige Frau vor uns sehen, die sehr genau weiß, was sie will. Nur ist ihre Art der Umsetzung ihrer Ziele ganz anders, als wir deutschen Frauen das anpacken würden. Sicherlich ist auch hier die Situation zwischen dem Leben in der Stadt und auf dem Land unterschiedlich.

Bei Ausflügen zu den Sehenswürdigkeiten lernten wir jeden Tag ein neues Stück unseres Gastlandes kennen. Einer der vielen Höhepunkte war sicherlich unser Besuch des antiken Theaters in Epidaurus, wo uns Matthias die berühmte Akustik durch sein Geigenspiel demonstrierte.

So gab es viele schöne Erlebnisse: Unser Tagesausflug mit einem Teil der Gruppe zur Insel Aegina, wo wir das große Glück hatten, zwischen der An- und Abfahrt von mehreren Bussen den Aphaia-Tempel fast ganz für uns allein zu haben, die Exkursionen zu den Ausgrabungen nach Agrokorinth, Korinth und Mykene und unser Besuch im Kloster Kalami, das erst vor 15 Jahren von einigen wenigen Nonnen mit eigenen Händen erbaut wurde. Zitat der Mutter Oberin, die uns mit einem verschmitzten Lächeln sagte: "... und als die anderen kamen, fanden sie das Paradies vor ..." Ein Paradies, das heute regen Zulauf findet. Dabei sind es interessanterweise nicht alte, kranke oder arme Frauen, die diesen Weg gehen, sondern sehr viele junge Frauen mit einer guten Berufsausbildung sehen hier ihre Zukunft. So leben hier zur Zeit 29 Nonnen - die Tendenz ist steigend.

Mein persönliches Highlight war ganz anderer Art: Ich durfte mit Mama Eleni gemeinsam kochen. Wahrscheinlich hatten wir beide Herzklopfen davor. Schließlich spricht sie nur Griechisch und ich lediglich Deutsch und ein wenig Englisch. Wundersamerweise verstanden wir uns trotzdem. Für mich war es lehrreich zu sehen, unter welchen Bedingungen es ihr gelingt, ihre hungrigen Hotelgäste satt zu bekommen. Ein Backofen, zwei Gasflammen, eine Friteuse und ein kleiner Mixer reichen ihr völlig. Im stillen dachte ich an meine hochtechnisierte Küche in Deutschland. Ab diesem Nachmittag wusste ich ihre Köstlichkeiten noch mehr zu schätzen.

Natürlich gab es auch Raum für anderes. Während die einen unter der kundigen Führung unseres Reiseleiters die Umgebung erwanderten, lagen andere am Strand oder im kühlen Schatten des Orangenhaines, hörten dem Meeresrauschen zu und nahmen von Zeit zu Zeit ein erfrischendes Bad im Meer.

Ach ja, dieser Orangenhain - ich wollte, ich hätte ihn einpacken können und mitnehmen. Nach einem stressigen Arbeitstag einfach mit einem guten Buch unter einem der zahlreichen Bäume liegen - oder auch an einem der hölzernen Tische sitzen und malend auf die Wellen lauschen - ab und zu am frisch gepressten Orangensaft nippen, dessen Früchte Kosta gerade eben vom Baum gepflückt hat - ich könnte alle mühsam erlernten Entspannungsübungen vergessen.

Nicht vergessen werde ich die Menschen, die ich dort traf. Bisher war das Wort Reisegruppe eher abschreckend für mich. Nach diesem Urlaub sehe ich das ein wenig anders. Ob es darum ging, die Badeschuhe auszuleihen, aus dem Dörfchen etwas mitzubringen, Salben, Medikamente, Sonnenschutzmittel und andere dringend benötigte Dinge weiterzugeben, nette Gespräche zu führen oder auch das momentane Rückzugsbedürfnis zu respektieren - ein solch liebevolles Miteinander habe ich selten erlebt. Wäre schön, wenn ich einiges davon in den Alltag retten könnte.

Karin Nungesser

  • "In anderen Ländern kannst du (...)
    Gebräuche und Landschaften entdecken;
    Griechenland macht es dir schwerer -
    hier hast du dich selbst zu entdecken"

    Lawrence Durell

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