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»Bitte recht freundlich«

Weibliche Kommunikation

Seit einigen Jahren stoßen wir bei Stellenanzeigen immer öfter auf die gewünschte Eigenschaft "kommunikativ". Kommunikationsfähigkeit gilt als die vielleicht stärkste der so genannten Schlüsselqualifikationen. Stelle wir uns nun eine gemischt geschlechtliche Konferenz von Personalfachleuten vor. Ein typischer Mann, der »natürlich« den dynamischen, kompetenten Manager geben möchte, würde die obere Annahme wohl so formulieren: "Kommunikationsfähigkeit ist die stärkste, wichtigste Schlüsselqualifikation überhaupt!"

Eine typische Frau, die das Wohl ihrer Firma im Sinn hat, würde vielleicht sagen: "Ich glaube, wir sollten bei neuen Mitarbeitern oder Mitarbeiterinnen verstärkt auf gute Kommunikationsfähigkeit achten, ich denke, das ist sehr wichtig." Welche Äußerung wird wohl mehr beachtet? Diejenige, die Fakten festzustelllen scheint, oder diejenige, die sich selbst schon scheinbar einschränkt?

Die amerikanische Linguistin Deborah Tannen beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema männliche und weibliche Kommunikation, was nicht nur das Sprechen bedeutet, sondern auch die Körpersprache und die Tonlage, die mindestens so »vielsagend« sind wie das gehörte Wort. Tannens Untersuchungsergebnisse sind für Frauen alarmierend. Sie bestätigen die Vorurteils-Fallen, in denen Frauen stecken bleiben. Hat eine Frau die Spiel- und Sprechregeln der Männerwelt gelernt und Karriere gemacht, ist sie heutzutage noch eine Exotin. Wenn ein Mann und eine Frau das Gleiche tun, zum Beispiel autoritär auftreten, wird das keineswegs gleich bewertet. Von einer Frau wird erwartet, dass sie, bei aller Kompetenz, vor allem nett zu sein hat. Nach Deborah Tannens Untersuchungen erwarten Mädchen und Frauen das Nett-Sein von sich selbst am meisten. Frauen wollen beliebt sein, Männer wollen respektiert werden. Frauen suchen im Gespräch das Gemeinsame, Männer dagegen suchen nach der Rangordnung. Klar, dass sie sich nicht verstehen! Wenn die Spielregeln jedoch von den Männern bestimmt sind und die Frauen sie nicht kennen, nicht verstehen und, wenn doch, dann aber ablehnen, dann können Frauen nur gewinnen, wenn sie sehr, sehr gut sind. Das ist die Erfahrung vieler Frauen, dass sie im Beruf viel besser sein mussten als Männer in gleicher Position.

Wenn Frauen und Mädchen miteinander reden, so geht es dabei vor allem um Menschen, Beziehungen und Gefühle, und sie wollen sich in ihren Ansichten dabei gegenseitig bestätigen. Frauen reden, um ihre Beziehungen zu stärken, um etwas von ihrer Person mitzuteilen. Männer reden wegen des Informationsaustauschs und um ihren Staturs zu erhöhen, letzteres gilt vor allem in einer Gruppe. Diese Erkenntnisse von Deborah Tannen basieren auf wissenschaftlichen Beobachtungen, aber es war auch davor kein Geheimnis, dass Frauen und Männer unterschiedlich reden.

Unter Mädchen und Frauen mag es verpönt sein, sich offensichtlich hervorzutun, aber trotzdem herrscht bekanntlich nicht nur eitel Sonnenschein und Solidarität. Frauen haben subtilere Methoden im Konkurrenzkampf untereinander entwickelt. Mit bescheidenem Lächeln wird da zum Beispiel über Arbeitsbelastung und Selbstlosigkeit geklagt.

»Tue Gutes und rede darüber« - Public Relations beherrschen auch Frauen, sei es in eigener Sache oder für fremde Ziele. Die speziell weibliche Fähigkeit, Beziehungen zu pflegen, zieht Frauen in entsprechende Berufe, unter anderem auch in die PR-Branche. Der Gedanke liegt zwar nahe, dass es kein großer Schritt wäre von gelungener, geschäftlicher Beziehungspflege hin zur Politik, aber hier scheint den Frauen der Wille zur Macht zu fehlen, der Männern eher in die Wiege gelegt wurde. Frauen wollen Macht, um ihre Ziele durchzusetzen, nicht um der Macht selbst willen.

Eine sympathische Vorstellung, aber was sind die Konsequenzen?

Renate Arnemann

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