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»Ich könnte sicher auch so schnell laufen wie Gunda,wenn ich so hart wie sie trainieren würde. Aber dann wäre ich nach einer Woche tot.«

Emese Hunyadi, Olympiasiegerin

»Freude haben an dem, was man tut. Sich selbst treu bleiben. Und nie den Willen verlieren.«

Gunda Niemann auf die Frage nach ihrem Lebensmotto

 

Größte Erfolge (Stand: 11/00)
8 x Europameisterin im Mehrkampf
7 x Weltmeisterin im Mehrkampf
9 x Weltmeisterin im Einzel
3 x Olymp. Gold
4 x Olymp. Silber
1 x Olymp. Bronze
17 Weltrekorde
22 Gesamtweltcupsiege
99 Siege in Weltcupeinzelrennen

»Nie den Willen verlieren«

Gunda Niemann-Stirnemann, Eisschnellläuferin

Sie liebt die Farbe rot und die RomanheldInnen von Isabel Allende. Sie kommt ungern zu spät und lässt für Thüringer Klöße und Rouladen alles stehen.
Bei der Geburt am 7.9.1966 in Songerhausen in Thüringen hat sie es eilig; innerhalb von 20 Minuten ist das jüngste von fünf Geschwistern da. Schon früh gilt ihre Leidenschaft dem Sport: Handball, Tischtennis, Volleyball, Radsport, Schwimmen, Leichtathletik. Eines Tages soll sie sich für eine Sportart entscheiden. Eine ganze Nacht grübelt sie, dann wählt sie Volleyball.

Als eine Eignungsprüfung für die Sportschule stattfindet, besteht Gunda alle Prüfungen und hält die Aufnahme nur noch für eine Formsache, aber dann kommt die Ernüchterung. Sie würde höchstens 1,70 m groß werden, und das sei zu klein für eine Volleyballerin. Aber sie sei vielleicht für die Leichathletik geeignet. 1981 wechselt sie auf die Kinder- und Jugendsportschule Erfurt. Sie trainiert hart und hat erste Erfolge. Aber 1983 kommt die nächste kalte Dusche: Sie habe ihre Leistungsgrenzen in der Leichtathletik erreicht, heißt es. Aber sie könne an der Sportschule bleiben und sich zwischen Eisschnellaufen und Radfahren entscheiden.

Das erste Training findet mangels Eis auf Rollschuhen statt. Gunda schwankt und wackelt. Abends sitzt sie in ihrem Zimmer, versorgt die Blasen und denkt: Das wird nie was. Sie absolviert wochenlang Muskelaufbauprogramme. Als sie zum ersten Mal auf der Bahn steht, kommt sie sich vor wie »Pierre Richard auf dem Eis ... X-beinig, wacklig und unsicher«. Die Trainingsschlittschuhe sind alt, die Kufen rostig. Sie kratzt damit übers Eis, von Gleiten keine Spur. TrainingskollegInnen sparen nicht mit Spott. Nach zwei mühevollen Jahren darf sie an der Kinder- und Jugendspartakiade teilnehmen und gewinnt die 1000 m und 3000 m Strecken. Zwei Jahre später wird sie beim Weltcup in Berlin hinter Karin Kania, der zu dieser Zeit besten Läuferin weltweit, zweite. Nun stehen endlose Bahnkilometer, schmerzende Beine und vor allem Techniktraining im Mittelpunkt ihres Lebens.

Ihre Härte im Training bringt ihr den Spitznamen »Gunda Gnadenlos« ein. Es gebe aber auch Tage, meint sie, wo »Gunda Willenlos« eher zutreffe. Ihre zahlreichen Erfolge (siehe Kasten) lassen jedoch vermuten, » diese Tage eher selten sind. Kaum eine andere Läuferin ist so vielseitig und über einen langen Zeitraum so beständig gewesen wie sie. (Für die Mehrkampftitel muß sie Sprint-, Mittel- und Langstrecken beherrschen.)

Natürlich gab es auch Misserfolge; die Wende und Neuorganisation des Sportsystems waren ein massiver Einschnitt in ihrem Leben, es gab Gesundheitsprobleme, der Umstieg auf den neuen Klappschlittschuh war zu bewältigen. Aber wenn die Konkurrenz sich schon freute, war Gunda plötzlich wieder da.

Als Belastung empfindet sie es, von den Medien als »Goldbank« betrachtet zu werden. Erfolg zu haben sei gar nicht so schwer, meint sie, ihn zu wiederholen jedoch viel schwieriger. Gunda Niemann hat diese Schwierigkeiten bereits so oft gemeistert, » sie 1999 zur Eisschnellläuferin des Jahrhunderts gewählt wurde. Wie lang sie noch laufen wird? »Ich denke nur noch von Saison zu Saison, obwohl Olympia 2002 schon in meinem Kopf ist.« Wer mehr über Gunda Niemann erfahren will, kann das in ihrem Buch »Ich will. Traumkarriere mit Tränen und Triumphen«. Die nächsten Wettkampftermine sind auf ihrer Website »www.gundaniemann.de« zu finden.

Andrea C. Busch

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