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Mechthild Upgang

Zehn Fragen an Mechthild Upgang

Finanzberaterin in Bonn

1. Frau Dr. Upgang, Sie haben ein Studium der Agrarwissenschaften absolviert und dann promoviert. Wie kamen Sie auf die Idee, anschließend ein Finanzberatungsbüro zu gründen?

Schon während der Promotion im Bereich Wirtschaftswissenschaften hatte ich Gelegenheit, in einem klassischen Finanzdienstleistungsbüro zu hospitieren und im Anschluss an die Promotion dort hauptberuflich einzusteigen.
Im Rahmen meiner Beratungstätigkeit merkte ich jedoch schnell, dass Frauen anders beraten wurden als Männer. Obwohl Frauen inzwischen über so viel Geld wie nie zuvor verfügen, werden sie in Anlagefragen schlechter beraten.
So zeigen Untersuchungen der Geldinstitute und auch der Stiftung Warentest, dass Anlageberater Männern wesentlich häufiger zu riskanten (und damit lukrativeren) Anlageformen raten als Frauen.
Die Stiftung Warentest kam in ihrer Untersuchung über die Beratungsqualität an deutschen Geldinstituten aus dem Jahre 1992 zu folgendem Fazit: »Frauen haben bei Anlageberatern schlechte Karten: flotte Sprüche ersetzen oft den Sachverstand«.
Angesichts der schlechteren Absicherung von Frauen (die durchschnittliche Altersrente der Frauen beispielsweise ist nur halb so hoch wie die der Männer, nämlich nur 896,-DM monatlich) ist es gerade für Frauen wichtig, sich mit dem Thema Finanzen und dem Aufbau einer eigenen finanziellen Absicherung auseinander zu setzen.
Deshalb wurde die Idee geboren, ein Finanzdienstleistungsbüro speziell für Frauen zu gründen.

2. Wurde Ihre Dienstleistung von Anfang an in ausreichendem Maße von Frauen angenommen?

Da sich viele Frauen bei den Beratern nicht ernst genommen fühlen und sich bewusst sind, dass sie sich auf die Ehe als Versorgungsinstitut nicht mehr verlassen können, suchen sie den Weg zu unabhängigen Finanzberaterinnen mit einem speziellen Beratungskonzept für Frauen. Allerdings waren bei mir wie bei allen Selbstständigen die ersten drei Jahre sehr anstrengend und aufregend, da es darum ging, einen eigenen Kundinnenstamm aufzubauen und das Vertrauen der Anlegerinnen zu gewinnen.

Nun nach fast zehn Jahren wird das Konzept so gut angenommen, dass wir bereits eine Zweigstelle in Köln haben und unsere Kundinnen bereits mit zehn Kolleginnen betreuen. Bundesweit sind bereits ca. 30 Beraterinnen mit Beratungskonzepten für Frauen tätig. Im Oktober 1998 wurde der Bundesverband unabhängiger Finanzdienstleisterinnen für Frauen e.V. gegründet, in dem bundesweit bislang acht Anlageberaterinnen vertreten sind.
Die Aufnahmekriterien sind streng: so müssen die Frauen nachweisen, dass sie in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen leben, sie müssen mindestens drei Jahre in diesem Beruf selbstständig und unabhängig gearbeitet haben, über eine ausreichende, berufsbezogene Haftpflichtversicherung verfügen und ein eigenes Beratungsbüro unterhalten, in dem die Beratungen ausschließlich von Frauen durchgeführt werden.
Da es in dieser Branche keine Zulassungsbestimmungen gibt und sich dort viele schwarze Schafe tummeln, ist es besonders wichtig, Qualitätsstandards zu setzen. »Frau sein« allein reicht da nicht aus.

3. Haben Frauen Ihrer Erfahrung nach ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer?

Ja, das ist schon seit Jahrhundert so. Für die Frau war es ausschließlich erlaubt, die Geschäfte des privaten Haushaltes zu führen. Bis 1958 galt: »das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung ihres Mannes unterworfen«.

Erst seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland wurde es Frauen nach und nach möglich, ihr eigenes Geld zu verdienen und frei darüber zu verfügen. Doch trotz rechtlicher Gleichstellung hinterlässt die traditionelle Reduzierung auf die Rolle der sparsamen Hausfrau ihre Spuren. Das Geld von Frauen landet immer noch sehr viel häufiger auf dem schlecht verzinsten Sparbuch als das der Männer. Frauen planen ihr Leben anders als Männer. Sie legen ihr Geld in jungen Jahren lieber kurzfristig an, für den Fall, dass Kinder kommen. Erst später, wenn sie dann an die Altersvorsorge denken können oder müssen, schauen sie sich nach eher langfristigen Geldanlagen um. Aber auch hier, wenn es beispielsweise um den Kauf von Aktien geht. sind sie vorsichtiger als Männer.

Eine US-Studie bei 35.000 Aktionärinnen zeigt, dass von Frauen geführte Aktiendepots eine um 1,4 Prozent höhere Rendite erzielen als das Männer-Portfolio.

Das Ergebnis: Die Frauen sind deshalb erfolgreicher, da sie ihre Depots weniger oft umschichten und dadurch unter anderem Kosten einsparen.

Der vorsichtigere Umgang der Frauen mit dem Geld ist also nicht nur von Nachteil. Nur angelegt werden sollte das Geld schon und nicht auf schlecht verzinsten Sparbüchern schmoren.

4. Sind es hauptsächlich gutverdienende oder vermögende Frauen, die zu Ihnen kommen, oder nehmen auch »ganz normale« Frauen mit geringerem bis durchschnittlichen Einkommen Ihre Beratung in Anspruch?

Die Beratung wird von allen Frauen wahrgenommen. Wir beraten die Hausfrau und Mutter, die für sich monatlich 100 DM zurücklegen möchte, genauso wie die aufstrebende Top-Verdienerin, die Steuern sparen möchte.

5. Um eine mögliche Hemmschwelle bei unseren Leserinnen abzubauen, möchte ich Sie fragen, wie die Beratungsgebühren berechnet werden. Rechnen Sie oder andere Finanzberater nach einem Stundentarif ab?

Wir bieten den Frauen eine Honorarberatung oder die konkrete Anlage ihres Geldes an. Für die Erstberatung stellen wir 140 DM in Rechnung. Falls die Anlegerin eine Geldanlage, eine Versicherung oder eine Baufinanzierung über unser Büro abwickelt, ist das für sie konstenfrei, da wir von den verschiedenen Gesellschaften Provisionen erhalten, die den ganzen Service, den wir bieten abdecken.

6. Welche Bereiche umfasst Ihre Beratung?

Wir bieten in unserem Hause die Bereiche Geldanlage, Altersvorsorge, Baufinanzierung und Versicherung an. Da wir beispielsweise Mitfrauen im Beraterinnen-Netzwerk für Existenzgründerinnen in der Region Bonn/Rhein-Sieg sind, bieten wir Existenzgründerinnen die notwendigen Hilfestellungen für ihren persönlichen Versicherungsbedarf.

7. Können Sie, ohne auf spezielle persönliche Lebensumstände einzugehen, einige Punkte nennen, die Frauen in Sachen Geld grundsätzlich beachten sollten?

Frauen sollten sich in einem solchen Fall folgende Fragen beantworten:

  • Wieviel Geld kann ich wie lange anlegen?
  • Will ich das Geld als Einmalanlage anlegen oder monatlich sparen?
  • In welcher persönlichen Situation befinde ich mich gerade? (Existenzgründerin, Alleinerziehende, Hausfrau, Spitzenverdienerin...)
  • Benötige ich monatliche Auszahlungen oder kann das Geld unangetastet für eine Zeit lang liegen bleiben?
  • Welche Erfahrungen habe ich bereits mit Geldanlagen in der Vergangenheit gemacht? Denn: ich sollte nur Geldanlageformen wählen, deren Funktionsweise ich wirklich verstehe!
  • Müssen steuerliche Aspekte berücksichtigt werden?

Wenn diese Fragen beantwortet sind, kann die Frau in ein Beratungsgespräch gehen und die Fragen/Antworten mit der/dem BeraterIn durchsprechen und wird schnell merken, wer ihr ein x für ein u vormachen will.

8. Was müsste Ihrer Meinung nach verändert werden, damit Frauen in unserer Gesellschaft zumindest finanziell gleichgestellt wären?

Die Ursache der finanziellen Ungleichstellung liegt meiner Meinung nach immer noch darin begründet, dass die Frage der Kindererziehung nicht zur Zufriedenheit geregelt ist. Junge Frauen haben Schwierigkeiten, einen Top-Job zu bekommen, da immer noch befürchtet wird, dass sie aufgrund der Kindererziehung beruflich aussteigen werden.
Hat eine Frau ihren Traum-Job gefunden und bekommt ein Kind, ist es in der Regel sie, die sich um dessen Erziehung kümmert, aus dem Erwerbsleben ganz oder teilweise aussteigt und später nie mehr Anschluss an die einstige Karriere finden wird. Überdies werden Kindererziehungszeiten nur teilweise zusätzlich auf die spätere Rente angerechnet, so dass im Alter noch die Altersarmut wartet.
Solange es Frauen nicht möglich ist, Kindererziehung und Beruf so zu vereinbaren, dass sie weiterhin aktiv im Erwerbsleben stehen können, wenn sie möchten, werden Frauen immer weniger verdienen als Männer.

9. Wenn Sie in Ihrer Eigenschaft als Finanzberaterin einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen?

Ich würde mir wünschen, dass Frauen ihren eigenen Wert – den persönlichen wie den finanziellen – erkennen und wertschätzen können und mehr für sich einfordern. Sei es, dass sie ihre Arbeit besser entlohnt bekommen, dass sie sich nicht mehr mit schlechterer Beratung zufrieden geben und dass sie eine eigenständige finanzielle Unabhängigkeit einfordern.

10. Haben Sie eine Zukunftsvision?

Die Zukunftsvision wäre dementsprechend, dass Frauen ökonomisch gleichgestellt sind, denn: die tatsächliche Gleichstellung von Frauen ist erst dann erreicht, wenn sie finanziell unabhängig sind und bewusst mit eigenem Geld umgehen.

Die Fragen stellte Christa Berz

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