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MATHILDE

Buchbesprechung

Eine Weihnachtsgeschichte

Vierundzwanzig Tage bis Weihnachten in einer Familie mit zwei pubertierenden Töchtern, tagebuchartig erzählt vom Vater der Familie, einem Schriftsteller: was gibt dieses Thema schon her? Doch es ist nur Rahmen und Ausgangspunkt der Geschichte. Es geht zwar einerseits um den Alltag in einer deutschen Familie unserer Zeit, in der die Traditionen verschoben sind und ihren Wert verloren haben. Doch andererseits geht es auch um die Vergangenheit, die ihre Finger bis ins Heute ausstreckt.

Ein selbstgemachter Adventskalender, den die Mutter von einem alten Mann aus Dankbarkeit für ihre Hilfsbereitschaft geschenkt bekommt, fesselt den Erzähler vom ersten Türchen an. Erinnerungen an seine Kindheit werden wach, Geschichte eines Jungen der 50er und 60er Jahre. Doch die Türchen erinnern nicht nur, sondern erzählen auch eine eigene Geschichte aus der Nachkriegszeit.

Nach dem Diebstahl eines Gemäldes, das sie gegen Lebensmittel und Zigaretten für den Schwarzmarkt tauschen, geraten drei Männer in einen Schneesturm. Sie finden Unterschlupf auf einem einsamen Gehöft, wo eine junge Frau ein Kind erwartet. Die Geburt des Kindes setzt sich in den Köpfen der drei Männer fest und verändert sie. Ein kleines Ereignis, das tiefe Spuren hinterlässt in den rauhen Tagen der Nachkriegswinterzeit.

Wie diese Geschichte nun mit der heutigen Zeit und den Erinnerungen des Erzählers zusammenhängen, das erfahren wir als Überraschung am 24. Dezember. »Vierundzwanzig Türen« ist ein sehr beschauliches und schön erzähltes Buch, sehr gut geeignet für die ruhigere Zeit des Jahres. Mir hat es viele Erinnerungen auch an meine Kindheit gebracht, die ich schon vergessen glaubte.

Gabriele Merziger

Klaus Modick: Vierundzwanzig Türen,
Eichborn, Frankfurt a.M. 2000, ISBN 3-8218-0839-X, ca 24,80DM

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