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Mobbing kann jede treffen

Psychoterror am Arbeitsplatz nimmt zu

"Ich kriege Sie schon nocht soweit, dass Sie kündigen!" - "In einem halben Jahr will ich in diesem Betrieb keinen mehr sehen, der über 30 ist. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden!"

Von diesen und vielen ähnlichen Gemeinheiten brichten Frauen, die von ihren Vorgesetzten aus ihren Jobs herausgemobbt wurden. Die Tendenz, Mobbing als Instrument zum Personalabbau einzusetzen und so überzählige oder unliebsame MitarbeiterInnen loszuwerden, hat zugenommen.

Aber noch mehr als von den Chefs wird von KollegInnen gemobbt. Sie geben z.B. keine oder bewusst falsche Informationen an das Mobbingopfer, schneiden es, machen es lächerlich, verbreiten Gerüchte und Verdächtigungen. Es kann aber noch viel härter kommen: Drohungen und sogar körperliche Gewalt, Verstecken von wichtigen Arbeitsunterlagen bis zum heimlichen Löschen der Festplatte der Opfer gehören zu den Top-Twenty der beliebtesten Mobbinghandlungen.

Die Gründe für das Kollegenmobbing liegen zu einem großen Teil in der Angst um den eigenen Arbeitsplatz und in der Absicht, mögliche KonkurrentInnen aus dem Weg zu mobben. Auch steigender Arbeits- und Leistungsdruck kann sich so auswirken, dass einzelne KollegInnen zu Sündenböcken gemacht werden. Sozialpsychologisch gesehen haben diese Sündenböcke eine Ventilfuktion: Man kann den eigenen Frust an ihnen ablassen.

Was ist Mobbing?

Das englische Verb "to mob" bedeutet "sich auf jemanden zu stürzen, über jemanden herfallen".

Mobbing ist geplanter Psychoterror am Arbeitsplatz. Ist Schikane und Kleinkrieg unter Kollegen und/oder mit dem Chef. Frauen sind oft noch von einer gemeinen Sonderform von Mobbing, der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz, betroffen.

Von Mobbing spricht man in der Arbeitsmedizin, wenn die Angriffe am Arbeitsplatz systematisch, mit Routine und über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen. Mobbing geschieht also keineswegs zufällig, sondern ist beabsichtigte, geplante und wiederholte Attacke. Mehr zufällig vorkommende Taktlosigkeiten und Unverschämtheiten für sich genommen, gelten in der Arbeitsmedizin noch nicht als Mobbing, können sich aber dazu ausweiten.

Es kann jede treffen

Das Mobbingproblem stößt auf großes Interesse in der Öffentlichkeit, denn Mobbing macht Angst und jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer kann davon betroffen werden. Es liegt nicht an der Persönlichkeit oder am Charakter der Betroffenen, dass sie zur Mobbing-Zielscheibe werden.

Der Arbeitsmediziner und Pionier der Mobbingforschung, Heinz Leymann, schreibt:

"Viele Menschen, denen am Arbeitsplatz übel mitgespielt wird, fürchten, sie seien alleine davon betroffen. Sie werden von Selbstzweifeln geplagt, verlieren ihr Selbstvertrauen und fragen, was habe ich nun falsch gemacht. Doch Mobbing hat nichts mit der Persönlichkeit des Opfers zu tun. Es geschieht massenhaft und es kann jeden treffen.

Experten schätzen, dass es derzeit in Deutschland weit über eine Million Mobbing-Betroffene gibt und dass statistisch gesehen jede/r vierte Berufstätige einmal im Laufe seiner Erwerbstätigkeit Mobbing-Opfer wird.

Frauen in Männerberufen werden oft gemobbt

Untersuchungen zeigen, dass Mobbinganlass häufig die soziale Situation der Betroffenen ist. so werden Frauen in typischen Männerberufen mehr gemobbt, aber auch andersherum gilt dasselbe: Männer in typischen Frauenberufen werden häufiger schikaniert als im Durchschnitt. Generell kann man sagen, dass Menschen, die sozial anders sind und nicht in das vorherrschende Muster der Gruppe passen, wie Behinderte, Alleinerziehende, Farbige, AusländerInnen etc. stärker vom Terror am Arbeitsplatz heimgesucht werden.

Mobbing macht krank

Haben die Schikanen erst einmal begonnen, bekommen sie eine Eigendynamik und sind nur noch schwer zu stoppen. Die wiederholten Gemeinheiten erzeugen bei den Betroffenen einen hohen sozialen Stress, der körperlich und seelisch krank machen kann. Oft beginnt es mit Nervosität und anfänglich eher harmlosen Schlaf- oder Magen- und Darmbeschwerden. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen können bei langdauerndem Mobbing bis zur körperlichen und seelischen Zerrüttung führen. Leymann schätzt, dass etwa jeder sechste Selbstmord auf Mobbing zurückgeht.

Wie kann frau sich gegen Mobbing wehren?

  • Den Mobbern klare Grenzen setzen und zeigen, dass frau nicht alles mit sich machen lässt.
  • Sich Verbündete schaffen und mit nicht mobbenden KollegInnen, Freunden und Familie darüber reden. Das schafft psychische Entlastung.
  • Sich Rückdeckung bei Betriebsrat, Arbeitgeber, Gewerkschaft holen.
  • Sich ablenken durch Hobbies usw. damit die Gedanken nicht ständig um den Job kreisen.
  • Durch Sport und körperliche Bewegung Stress abbauen und Freude tanken.
  • Durch Entspannungstechniken wie Yoga oder progressive Muskelentspannung wieder die eigene Mitte finden.
  • Tagebuch führen über die Schikanen, um bei Verhandlungen, ggf. sogar vor Gericht etwas in der Hand zu haben.

Gehen die Schikanen trotzdem weiter, ist es wichtig, sich fachkundige Hilfe zu holen, z.B. bei Selbsthilfegruppen und Mobbingberatungsstellen.

Sigrid Schimmelpfennig

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