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Ein Leben für die Natur

Ob Naturforscherinnen, Heilerinnen oder auch Künstlerinnen – es gab und gibt eine Reihe von Frauen, die ihr Leben und ihre Arbeit der Natur, ihrer Erforschung und Erkundung oder ihrer Darstellung verschrieben haben. Eine kleine Auswahl solcher »Natur-Frauen« wollen wir hier vorstellen.

 

Diane Fossey, 1932 - 1985, Gorillaforscherin

Das Verhalten von Tieren in freier Wildbahn zu erforschen ist sehr mühsam, erfordert viel Kraft und Ausdauer und ist manchmal auch gefährlich. Den Mut dazu hatte die ehemalige Beschäftigungstherapeutin Dian Fossey, als es sie 1967 an die verregneten Hänge der Vulkanberge im Länderdreieck Ruanda, Uganda und Zaire zog. Ihr Ziel war es, die erst 1902 entdeckten größten Menschenaffen, die Berggorillas, zu beobachten, ihre Population zu erfassen und sie an Menschen zu gewöhnen.

Keine alltägliche Aufgabe, die es erforderlich machte, Wochen und Monate durch die nebligen Berge zu streifen, um es mit viel Geduld zu schaffen, ganz allmählich von den Bergriesen akzeptiert zu werden, um in ihrer Mitte das Leben der Art genauestens zu studieren. Während dieses jahrelangen Projekts mußte Diane Fossey nicht nur gegen die Unbilden der Natur und ihren eigenen Körper (Krankheit und Höhenangst) kämpfen, sondern auch gegen das Unverständnis der Bürokratie und vieler etablierter Wissenschaftler. Sie war jedoch erfolgreich, weil sie niemals aufgab und weil sie sich ihre Forschungsaufgabe zum Lebensziel gemacht hatte.

Dabei war es nicht immer einfach, die beobachtende wissenschaftliche Distanz zu wahren, fühlte sich die Forscherin doch emotional stark mit ihren AffenfreundInnen verbunden. Auf der anderen Seite war es eben genau diese Verbundenheit, die sie in der unwirtlichen Gegend jahrelang ausharren ließ. Ihre Studien ergaben sehr viel aufschlußreiches Wissen über die evolutionäre Entwicklung zum Menschen, sind Menschenaffen unserer Gattung näher verwandt als alle anderen Lebewesen.

1985 wurde Diane Fossey nach 19 Jahren in den Bergen vermutlich von Wilderern ermordet. Aufgeklärt ist der Mord bis heute nicht. Sie wurde zwischen den Gorillas bestattet, die vor ihr ebenfalls von Wilddieben getötet wurden.

Marie Clementine Martin, 1775 - 1843, Naturheilerin & Brauerin vom »Melissengeist«

Ihr Name ist lange nicht so bekannt wie ihre Medizin, aber sie hat weitaus mehr getan, als nur den »Melissengeist« zu brauen. Marie Clementine Martin wurde 1775 in Brüssel geboren. Mit 17 Jahren trat sie in das Kloster St. Anna in Coesfeld im Erzbistum Münster ein. Dort erlernte sie schon als junge Novizin das über Jahrhunderte überlieferte Wissen der Klostermedizin. Ihr Talent zur Arzneimittelzubereitung und als Heilerin war so groß, daß sie im Auftrag ihres Ordens auch andere Klöster aufsuchte, um dort Kranke zu heilen.

Während der Schlacht von Waterloo 1815 kümmerte sie sich als »Engel der Verwundeten« aufopferungsvoll um die Opfer. Für diese Leistung wurde sie zwar vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. gelobt, berühmt wurde sie allerdings erst 10 Jahre später. Mit 50 Jahren machte sich Marie Clementine Martin als Geschäftsfrau selbständig. In ihrem Destillationsbetrieb braute sie ein Heilwasser, dessen Rezept sie als eine der wenigen Auserwählten im Kloster St. Anna noch als Novizin erfuhr. Das Geheimrezept enthielt 12 Heilkräuter: Melisse, Alant, Angelika, Ingwer, Enzian, Galgant, Kardamom, schwarzer Pfeffer, Muskatnuß, Pomeranzenschale, Zimt und Gewürznelken. Marie Clementine Martin war eine überaus clevere Geschäftsfrau, die sich ihre Heilwässer vor Nachahmung per Preußen-Wappen schützen ließ. Sie starb im für damalige Verhältnisse hohen Alter von 68 Jahren. Das Geschäft hatte sie ihrem ersten Gehilfen vermacht. Es wurde zunächst weitervererbt, bis es 1929 von einem Kölner Kaufmann von der Pleite bewahrt und in eine Stiftung umgewandelt wurde, die noch heute existiert.

Rose Stoppel, 1874 - 1970, Botanikerin & Pflanzenphysiologin

Rose Stoppel war die erste deutsche Studentin der Naturwissenschaften, ein kühnes Unterfangen für eine Frau Anfang des 20. Jahrhunderts, mußte sie doch eine Menge Spott von den männlichen Komilitonen und Professoren über sich ergehen lassen. Doch die »Stoppelrose« war eine Frau, die sich nicht von ihrem Weg abbringen ließ. Sie promovierte 1909 in Freiburg. Das Thema ihrer Dissertation – »Über den Einfluß des Lichts auf das Öffnen und Schließen einiger Blüten« – wurde ihr Lebensthema. Ihre Erkenntnis, daß das Öffnen und Schließen der Blüten ein eigenständiger Prozeß ist, der vom Licht lediglich reguliert, nicht aber verursacht wird, widerlegte die gängige Lehrmeinung – und dies nicht gerade zur Freude der männlichen Experten, von denen sich einige weigerten, überhaupt mit einer Frau zu diskutieren.

Nach mehreren Jahren Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft und Angestellte habilitierte sich Rose Stoppel 1924 als 50jährige an der Universität Hamburg. Forschungsreisen zum Untersuchen der Periodizität von Pflanzen, Tieren und Menschen unter den Bedingungen des hohen Nordens brachten sie bis nach Island. 1928 wurde sie zur außerordentlichen Professorin an der Universität Hamburg ernannt, mit 70 Jahren erst wurde sie pensioniert.

Rose Stoppel verbrachte auch ihren Lebensabend, der 25 Jahre dauern sollte, aktiv und naturverbunden. Solange ihre Augen es mitmachten, arbeitete sie noch für das Hamburger Tropeninstitut über pathogene Pilze. Als sie mit 80 Jahren die Aufnahme in ein Altersheim beantragte, fürchtete die Heimleitung, sie könne wohl bald pflegebedürftig werden. Rose Stoppel aber bewies das Gegenteil, indem sie die Heimleiterin einen Tag lang durch die Natur schleifte, was die sehr viel jüngere Dame an den Rande der Erschöpfung brachte. Diese nette Anekdote zeigt beispielhaft den Lebensmut und die Energie dieser interessanten Frau bis ins hohe Alter hinein.

Fanny Churberg, 1845 - 1892, finnische Landschaftsmalerin

Fanny Churberg, Tochter eines Arztes, war bereits mit 20 Jahren Vollwaise. Das ererbte Vermögen ermöglichte es ihr, sich als Künstlerin ausbilden zu lassen. Nach Privatunterricht bei verschiedenen LehrerInnen in Helsinki ging sie 1867 nach Düsseldorf an die dortige berühmte Kunstakademie. Doch ihre Gemälde spiegelten nichts vom akademischen Stil wider, dazu war Fanny Churberg viel zu eigenwillig.

Thematisch interessierte sie das Wilde, Elementare der Landschaft: Sturm, Gewitter, Dämmerung und Wintertage. Sie malte mit langezogen Pinselstrichen und starken Farbkontrasten.

1876 entdeckte sie bei einem Aufenthalt in Paris Chardins Stilleben, die sie dazu inspirierten, neben ihren expressiven Landschaften auch Stilleben mit klaren Formen zu malen. Alle ihre Werke entstanden in einem Jahrzehnt. Ohne ersichtlichen Grund hörte sie 1880 plötzlich auf zu malen und widmete sich fortan dem Aufbau eines eigenständigen finnischen Kunsthandwerks, wobei sie sich besonders für die Anerkennung von Arbeiten von Künstlerinnen einsetzte.

Margaret Morse Nice, 1883 - 1974, amerikanische Ornithologin

Die aus einer Akademikerfamilie stammende Margaret Morse interessierte sich schon als Kind leidenschaftlich für die Natur und insbesondere für die einheimischen Vögel. Nach ihrem Collegeabschluß war sie zwei Jahre lang Forschungsassistentin an der Clark-Universität in Corcester/Massachussetts. Dort lernte sie ihren Mann Leonard Blaine Nice kennen. Nach ihrer Heirat wurde ihr Leben zunächst von der Karriere ihres Mannes und von ihren vier Töchtern bestimmt, so daß für ihre Naturforschungen nur noch sehr wenig Raum blieb. Doch sie suchte einen Weg und fand ihn darin, daß sie die ganze Familie für ornithologische Feldarbeit begeisterte.

»Ich empfand Mitleid mit allen, die nicht zelten gehen konnten, um die Vögel von Oklahoma zu studieren. Und dann fiel mir ein, dass – so seltsam das auch klingen mag – außer uns kaum jemand auch nur den Wunsch dazu verspürte.«

Ihre ersten Forschungsarbeiten entstanden in den 20er Jahren und brachten ihr sofort die Anerkennung der Fachwelt ein. Sie kennzeichnete Vögel und verfolgte deren Lebensweg. Mit ihrem Werk »Studies in the Life History of the Song Sparrow« wurde sie zu einer der führenden OrnithologInnen in den USA. Neben ihren Feldforschungen übersetzte sie wichtige Forschungsarbeiten europäischer KollegInnen, mit denen sie eine rege Korrespondenz führte. Als erste Frau einer großen amerikanischen ornithologischen Gesellschaft wurde sie 1938 zur Präsidentin der Wilson Ornithological Society ernannt.

Gabriele Merziger

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