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MATHILDE

Foto: privat

Line Flöel

Kfz-Mechanikerin

Ich soll über meinen Beruf berichten. Also dann werde ich mir mal etwas unter meinen öligen Fingernägeln rauszutzeln: Ich glaube nicht, dass jede Automechanikerin auch gleich eine Heldin ist.

Schade eigentlich, denn dann wäre es ziemlich leicht, eine solche zu werden. Ganz sicher bin ich nicht, ob ich die Richtige bin für einen solchen Artikel, weil ich meinen Beruf noch nie aus frauenspezifischen Gesichtspunkten betrachtet habe. Natürlich ist es in solch einem Umfeld nicht möglich, sich gar keine Gedanken über ein erwartetes Rollenmuster und dessen Erfüllung zu machen. Bewusst habe ich aber nie Schritte in diese Richtung getan.

Eigentlich ist mein großer Bruder an allem schuld, er hat mir schon als Kind nicht mein Fahrrad repariert. Mein Vater auch nicht, aber sie haben mir gezeigt, wie es geht. Auch später haben sie mir lieber erklärt, wie ein Auto funktioniert, als sich selber die Finger schmutzig zu machen.

Außerdem haben mein Bruder und ein paar seiner Freunde mich auf die Idee gebracht, dass es ganz toll ist, alte Autos zu fahren. Diese müssen repariert werden, und das konnte ich nicht. Aber ich hatte gerade Zeit - kurz nach dem Abitur - und begann ein Praktikum in einer Kfz-Werkstatt.

Zwei Jahre habe ich immer mal wieder in einer Werkstatt gearbeitet und nebenher Taxi gefahren und erst dann beschlossen, eine Lehre zu machen, bzw. nach Hamburg zu gehen.. Das ging ein wenig Hand in Hand.

Der Berufswunsch entstand also eher durch die Begeisterung für alte Autos und vielleicht auch durch die erhöhte Aufmerksamkeit, die einer Frau in einem solchen Beruf entgegengebracht wird.

Die Erfahrungen, die ich in diesem Beruf gemacht habe, wären in einer »normalen« Werkstatt vielleicht andere gewesen. Schon durch die Größe der Werkstatt und das dadurch entstehende Arbeitsklima (wir waren abwechselnd vier bis sechs Leute), bestand eine Art Ausnahmesituation. Während in der überbetrieblichen Ausbildung – in der Schule und in den Innungskursen – durchaus klar war, dass eine Frau auch etwas zu sagen hat,und das Gesagte sogar richtig ist, hatte ich durch meine höhere Schulbildung und meine schon gesammelten Erfahrungen gewisse Probleme, mich auch in der Praxis durch Leistungen zu behaupten. Beworben habe ich mich allerdings nie um eine Stelle.

Momentan arbeite ich wieder in diesem Beruf und habe viel Spaß daran. Doch neben dem Studium ist ein 20-Stunden-Job doch viel, vor allem weil er auf die Werkstattzeiten beschränkt ist. Das heißt für mich, fast immer während der Laden Öffnungszeiten arbeiten zu müssen. Aber das ist ja bei den meisten Erwerbstätigen so. Ein Nachteil ist auch, dass in Werkstätten wenig Teilzeit angeboten wird, und durch die Öffnungszeiten wenig Möglichkeiten zur Gleitzeit bestehen.

Sicherlich besteht auch das Problem der Erziehung in geschlechtstypischen Rollenmustern und dadurch die noch schwache gesellschaftliche Akzeptanz von Frauen in Kfz-Werkstätten. Ich denke, wenn es kein Schritt gegen die bestehenden Normen wäre, würden sich gerade junge Frauen viel selbstverständlicher mit dem Gedanken, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen, auseinandersetzen. Momentan wird frau immer gefragt, warum sie so einen Beruf ergreifen will, obwohl es etwas ganz Selbstverständliches sein könnte.

Meiner Meinung nach müsste die Berufswahl von Frauen im Handwerk von den Ausbildern viel weniger hervorgehoben, die Leistung geschlechtsunabhängig einfach nur als solche anerkannt werden.

Natürlich besteht die gesetzliche Ebene, welche eigene Umkleideräume und Toiletten für Frauen vorschreibt. Das ist einerseits sehr wichtig, gerade wenn frau sich in so einer Männerwelt bewegt. Andererseits aber ist es dadurch für kleine Betriebe fast unmöglich, Frauen auszubilden bzw. anzustellen, da es den räumlichen Rahmen oder den Kostenrahmen sprengt. Für viele Betriebe ist das natürlich auch eine Rückzugsmöglichkeit, um sich mit dem Thema »Frauenarbeit in der Werkstatt« nicht auseinandersetzen zu müssen.

Line Flöel

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