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MATHILDE

Selbstfindung im Spiegel der Sterne

Der chassidische Rabbi Susya sagte kurz vor seinem Tod: »Wenn ich in den Himmel komme werden sie mich nicht fragen: Warum warst du nicht Moses? Sondern sie werden fragen: Warum warst du nicht Susya? Warum warst du nicht, was nur du werden konntest?«

Irgendwo tief in uns existiert ein ursprüngliches Wissen über unsere eigentliche Natur, über unser Potential, unser Schicksal und unsere »Berufung« im Leben. Doch oft haben wir die Verbindung zu diesem Wissen verloren und fragen uns, wie wir wieder eine Beziehung zu diesem Teil unseres Selbst herstellen können.

Wenn man offen ist für die symbolische Sprache der Astrologie, dann bietet das Horoskop eine wunderbare Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen und ein tieferes Verständnis für die eigenen Bedürfnisse und Motivationen zu entwickeln. Als ein Abbild des Himmels, wie er an dem Ort und zum Zeitpunkt unserer Geburt aussah, zeichnet das Horoskop symbolisch unsere einzigartige Wirklichkeit, unser angeborenes Muster und unser inneres Lebensbild nach. Auf einer symbolischen Ebene bildet das Geburtshoroskop also ein Modell der verschiedenen Energiestrukturen oder psychischen Komponenten, aus denen der einzelne Mensch besteht. Es ist eine Art Saatkorn oder Entwurf all dessen, was potentiell die Persönlichkeit eines Menschen ausmacht, käme sie zur vollen Entfaltung und zu vollem Bewußtsein.

Als Wissenschaft entwickelte sich die Astrologie zu einer Zeit, in der man davon ausging, alles was geschehe, sei mit allem anderen verbunden und habe eine Bedeutung. Das Leben auf der Erde verstand man als Spiegel der Ordnung am Himmel: »Wie oben, so unten.« Im Licht der zeitgenössischen Psychologie ist die Astrologie neu interpretiert und erweitert worden, z.B. durch den auf C.G. Jung zurückgehenden Begriff der Synchronizität. Dieses Konzept erklärt, wie Ereignisse, die gleichzeitig geschehen (etwa die Geburt eines Kindes und eine bestimmte Sternenkonstellation am Himmel), eine Beziehung zueinander haben können, ohne daß das eine die Ursache des anderen ist. Die Positionen der Planeten am Himmel reflektieren dadurch, daß sie die Eigenschaften dieses bestimmten Augenblicks widerspiegeln, zugleich auch die Eigenschaften von allem, was in diesem Moment entstanden ist, ob dies nun ein Mensch, eine Idee, eine Gesellschaft oder eine Ehe ist. Die Planeten selbst bewirken dabei nicht die Ereignisse oder bestimmen in deterministischer Weise den Charakter eines Menschen, sie sind vielmehr Indikatoren für die spezielle Energie, die zu einem bestimmten Zeitpunkt wirkt.

Astronomisch betrachtet ist das Geburtshoroskop eine sehr genau berechnete Karte des Himmels, wie er zum Zeitpunkt der Geburt am Geburtsort erschien. Die Unterschiede von einem Horoskop zum anderen sind dabei sehr vielfältig, da die Position der Planeten im Tierkreis in jedem beliebigen Moment verschieden sind. Jedes Horoskop besteht aus einer ganz individuellen Mischung verschiedener Energien, entsprechend der Stellung und der Wechselbeziehung der einzelnen Planeten zueinander.

Der Kreis der zwölf Tierkreiszeichen symbolisiert die potentielle Ganzheit des Lebens und der menschlichen Psyche. Vor dem Hintergrund dieses Tierkreises (Ekliptik) liegen Sonne, Mond und acht weitere Planeten. Stark vereinfacht repräsentieren die Planeten folgende Elemente der menschlichen Psyche:

  • Mond - das unbewußte Selbst
  • Sonne - das bewußte, integrierte Selbst
  • Merkur - geistige und nervliche Fähigkeiten
  • Venus - den Drang zur Beziehung
  • Mars - Antrieb, Selbstsicherheit
  • Jupiter - den Drang zur Expansion
  • Saturn - den Drang zur Festigung
  • Uranus - Sinn für Individualität
  • Neptun - Sinn für das Einssein
  • Pluto - den Drang zur Transformation

Um die Wirkung dieser Planeten in ihrer Kombination zu erfassen, muß man drei verschiedenen, grundlegende Dinge von ihnen wissen: Ihre Orientierung im Kosmos (die Zeichen), die Stellung, in der sie am Himmel entsprechend der Tages- oder Nachtzeit erscheinen (die Häuser), und ihre Stellung im Verhältnis zueinander (die Aspekte).

Die zwölf Zeichen stehen für zwölf unterschiedliche Arten, auf die sich die Planeten ausdrücken können. Ähnlich wie Adjektive beschreiben sie, wie die Planeten wirken. Auf einer sehr elementaren Ebene kann man sagen, daß die Zeichen folgende positive bzw. negative Möglichkeiten für den Ausdruck der Planeten anbieten:

  1. Widder mutig oder unvorsichtig
  2. Stier produktiv oder eigensinnig
  3. Zwillinge wenig oder undeutlich
  4. Krebs empfindsam oder überempfindlich
  5. Löwe machtvoll oder übermächtig
  6. Jungfrau geschickt oder gefahrvoll
  7. Waage harmonisch oder unentschlossen
  8. Skorpion intensiv oder besessen
  9. Schütze expansiv oder maßlos
  10. Steinbock konstruktiv oder unerbittlich
  11. Wassermann erfinderisch oder pervers
  12. Fische phantasievoll oder konfus

Während die Planeten das »Was« des Horoskops sind und die Zeichen uns sagen, »wie« sich die Energie der Planeten manifestiert, stehen die zwölf Häuser für das »Wo«, für die einzelnen Lebensbereiche, in denen sich die Planeten am stärksten ausdrücken.

Die Aspekte sind die geometrischen Verhältnisse der Planeten zueinander, und sie zeigen uns das Verhältnis der einzelnen Teile des Selbst innerhalb der Persönlichkeit. Dabei ist es wichtig zu beachten, daß jeder Aspekt das Potential für Wachstum und Veränderung in sich trägt, ob er nun schwierig, gespannt und entwicklungsfördernd ist, oder als leicht, fließend und harmonisch gilt.

Ein weiterer wichtiger Faktor im Horoskop sind Aszendent und Deszendent. Der Aszendent ist das Zeichen, das im Augenblick der Geburt am östlichen Horizont aufsteigt, während der Deszendent jenseits des Horizonts im Dunkel versinkt. Man kann sich den Aszendenten als ein Fenster vorstellen, durch das man auf die Welt blickt. Jedes Fenster ist von einer bestimmten Form und hat einen Einfluß darauf, was wir sehen. Die Eigenschaften des Aszendentenzeichens spiegeln also wider, wie wir unbewußt auf die Welt reagieren und ohne nachzudenken instinktiv an eine Sache herangehen. Es zeigt uns damit auch jene Eigenschaften, nach deren Ausdruck und Verwirklichung wir im Prozeß der Selbsterkenntnis und -entfaltung bewusst streben sollten.

Wenn man beginnt, sich mit der Astrologie intensiver zu beschäftigen, wird man angesichts der ungeheuren Komplexität eines Horoskops häufig verwirrt und vielleicht nur in der Lage sein, einen kleinen Bereich des Horoskops zu verstehen. Wer sich trotzdem tiefer auf die Astrologie einläßt, dem eröffnet sich eine faszinierende Möglichkeit, mehr über sich selbst und andere zu erfahren.

Ein schönes Buch für den Einstieg in die Astrologie ist »Zeitknoten. Astrologie und weibliches Wissen« von Lindsay River und Sally Gillespie (Goldmann). Sehr zu empfehlen sind außerdem alle Bücher von Liz Greene und Howard Sasportas.

Lena Weber

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