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Anna Pytlik,
Träume im Tropenlicht - Forscherinnen auf Reisen
Reutlingen, 1997, Coyote Verlag, 38 DM


Demonstration einen Männertanzes
(Foto: vermutlich Richard Schilling)


Umzeichnung für die Abbildung im Reisebericht
Zeichnung: Elisabeth Krämer-Bannow

Träume im Tropenlicht

Forscherinnen auf Reisen

Frauengeschichte kann heute nur nach geduldigem Graben anhand von Fundstellen und nur annähernd rekonstruiert werden. Anna Pytlik versteht ihre Publikation "Träume im Tropenlicht" als Beitrag zu Frauengeschichte, als Spurensicherung von Frauenforschungsprojekten.

Sie ist zwei Frauen nachgegangen, die beide ungewöhnliche Biografien haben, weil sie schon Anfang des 20. Jahrhunderts geforscht, gemalt und fotografiert haben. Sie wagten aufregende Expeditionen in unbekannte tropische Regionen in einer Zeit, als dies für Frauen noch ausgesprochen ungewöhnlich war. Diesen Spuren zu folgen, ist für Anna Pytlik schon selbst ein Abenteuer, spannender als mancher Kriminalroman. 1906 bis 1910 hat Elisabeth Krämer-Bannow ihren Mann auf einer Forschungsreise in die Südsee begleitet. Marie Pauline Thorbecke war mit ihrem Mann von 1911 bis 1913 in Westafrika unterwegs.

Anna Pytlik ist den Frauen nachgegangen und stellt sehr kritische Fragen. Sie bemerkt bei beiden Frauen viele Parallelen. Beide haben ihre Männer begleitet, beide haben wertvolle eigenständige Forschungsarbeit geleistet, doch die Publikationen sind in beiden Beispielen mit dem Namen des Ehemannes unterzeichnet. Zurückgekehrt, blieb beiden im Gegensatz zu den Männern die wissenschaftliche Karriere verschlossen, sie leisteten ihre Dienste mit "Bienenfleiß" als Zuarbeiterin für ihre Gatten.

Nicht zuletzt wird dieses Buch so lesenswert, weil die Wissenschaftlerin nicht die Bestätigung für eine vorhandene Sichtweise sucht, nicht Opfer- oder Heldinnenleben rekonstruieren will, sondern weil sie nach der verborgenen Produktivität der Frauen sucht mit all ihren Widersprüchen, Fehlern und Verstrickungen. Sie weist darauf hin, daß auch die Frauen Kolonialherrschermanieren haben, als Begleiterin nicht viel kritischer sind als ihre männlichen Kollegen, daß ihnen jedoch trotzdem eher die menschliche Annäherung gelingt. Die Autorin arbeitet heraus, was Frauen auszeichnet, wohin diese ihren Blick wenden, der anders als bei ihren Männern auch auf die täglichen Dinge, den weiblichen Alltag, Jugendkulturen und Kindererziehung gerichtet ist.

Doch was im Zusammenhang mit unserem Schwerpunkt "Fotografie" besonders interessant ist: Beide Frauen reisen in einer Zeit, als die Fotografie noch sehr in den Kinderschuhen steckte. Beiden Forschergruppen stand nach damaligem Entwicklungsstand eine komplette Fotoausrüstung zur Verfügung. Doch nicht die Fotografie stand als Illustration der Forschungen im Vordergrund, sondern sie wurde oft als Vorlage für und als Ergänzung zur Malerei genutzt. Oder aber eine Fotografie wurde durch Skizzen ergänzt, weil auf dem Foto die Muster der Tätowierungen oder die vielen Arten, Körbe zu flechten, nicht ausreichend gut zu erkennen waren.

Dieses Buch von Anna Pytlik ist aus vielen Blickwinkeln hochinteressant, nicht zuletzt auch als ein Stück Dokumentation zur Geschichte der Fotografie oder als Anregung ihrer auch heute noch weit vielseitigeren Verwendbarkeit, als uns zunächst in den Sinn kommt. - Malen Sie doch mal Ihr schönstes Foto ab!

Margret W.-Simon

Alle Fotos: aus dem Buch von Anna Pytlik

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