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Brauchen wir eine weibliche Sprache?

Kontrovers

Die Sprache ist zwar weiblich, im aktiven Sprachgebrauch allerdings wird die weibliche Endung von Bezeichnungen für Frauen meistens nicht benutzt. Feministinnen und Sprachwissenschaftlerinnen meinen, dass unser Bewusstsein durch Sprache geprägt wird und Veränderungen gesellschaftlicher Art durch Sprache herbeigeführt werden können. Sie fordern daher eine globale Einführung der weiblichen Endungen. Anderen Frauen geht es zu weit, über lange Zeit gewachsene Sprache künstlich zu verändern. Für sie ist das kein Weg zur Emanzipation. hat zwei Meinungen von Darmstädterinnen aufgeschrieben, welche die Frage: »Brauchen wir eine weibliche Sprache?« sehr unterschiedlich beantworten.

- Ja -
- Nein -

Wir brauchen eine Sprache, in der Frauen sich wiederfinden, weil wir uns sonst in dem elementarsten Medium, in dem Frau und Mann sich in demokratischen Staaten ausdrücken und ihre Rechte erstreiten, nicht mitteilen können.

Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit: Olympe de Gouges ist 1793, vor 205 Jahren also, hingerichtet worden, weil sie während der Französischen Revolution für Frauen die gleichen Rechte forderte wie für Männer. Heute werden wir nicht mehr verfolgt für die Idee, Frauen und Männer gleichzustellen. In der Sprache kommen Frauen aber häufig nicht vor. Mit "Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit" geben wir uns heute nicht mehr zufrieden. Das, was Frauen ausmacht, das, was ihre Kraft wiedergibt, muss eindeutig ihnen zugeordnet in der Sprache sichtbar werden.

Das IN am Ende - mit oder ohne Schrägstrich - ist der Anfang und der ist gut. Nun aber ein weiterführendes Beispiel: Das Wort "Hausherrin" drückt aus: diese Frau hat das Sagen. Ersetzen wir den unglücklichen Ausdruck "Herrin" durch das Wort "Frau", fühlen wir, dass es nicht das trifft, was wir meinen, denn "Hausfrau" assoziiert eine "im Hintergrund arbeitende Frau". Also wäre doch der Begriff "die Frau des Hauses" der richtigere. Nur - den benutzen wir nicht.

Mit Worten sagen, was wir wirklich sagen wollen. So beginnt weibliche Sprache und sie ist nur ein weiterer Schritt auf dem Weg, den Olympe de Gouges im vorletzten Jahrhundert begonnen hat.

Es ist der Frauenbewegung zu verdanken, dass uns bewusst geworden ist, wie sehr unsere Sprache (nicht nur die deutsche) von männlicher Dominanz geprägt ist, und es ist gut, wenn darauf geachtet wird, dass die Anwesenheit von Frauen nicht einfach in männlichen Bezeichnungen subsumiert wird. Es gibt viel Forschung und viele Bücher zu diesem Thema. - Aber brauchen wir deshalb eine weibliche, d.h. eine eigene Sprache? Soll Sprache nicht vermitteln? Wollen wir das Gleiche nur mit weiblichen Vorzeichen tun, was wir den Männern vorwerfen: nämlich andere durch Vereinnahmung unterwerfen? "Rollentausch ist auch keine Lösung!" sagt ein Slogan, und ich meine, dieser Satz drückt etwas sehr Richtiges aus.

Sprache ist Ausdruck, sie macht eine innere Haltung bekannt, aber sie verändert nicht. Das Gefühl von Selbstwert, die Bereitschaft zur Selbstbestimmung und der Wille, sich einzusetzen und zu behaupten, bekommen wir nicht geschenkt und auch nicht über Sprache vermittelt, wir müssen sie uns erarbeiten, wenn wir nicht das Glück hatten, in einer liebevollen, unterstützenden Umwelt aufgewachsen zu sein. - Wenn wir Sprache kritisieren, ohne uns innerlich zu verändern, werden wir spitzfindig, vielleicht sogar arrogant. Gelegentlich wirkt der Eifer der Wächterinnen über den "richtigen", sprich weiblichen Sprachgebrauch auch lächerlich.

Von Emanzipation sollte frau nicht so viel reden, sie sollte sich um Emanzipation bemühen, d.h. um Selbstvertrauen und Eigenverantwortung. Wir brauchen engagierte Frauen und Männer, die das Medium Sprache (und dazu ist eine gemeinsame nötig) benutzen, um sich auszutauschen und so das größtmögliche Glück miteinander zu leben.

- Ja -
- Nein -
Barbara, 37 Jahre
Margret, 62 Jahre

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