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Zeit-Spielereien

Auf der Rückreise von meinem letzten Urlaub blieb unser Bus "mitten auf der Autobahn" liegen - halb auf der rechten Spur, halb im Graben! Wir wollten zeitig zu Hause sein, aber plötzlich hatten wir Zeit und Muße. Es dauerte eine Unzeit, bis Hilfe kam.

Wir stellten uns ein Stück weiter abseits und beobachteten eine ganze Zeit lang unsere Zeitgenossen in den anderen Autos. Die einen fuhren in Zeitlupe an uns vorbei, um in Ruhe einen Blick auf die Situation werfen zu können, die anderen hatten es ganz eilig. Jemand bot mir eine Zeitung an, doch zum Zeittotschlagen brauche ich kein Zeitmagazin. Ich wollte mir lieber Zeitgedanken machen.

Als erstes fällt da natürlich die Zeitmessung ein, die ist ja in unserer heutigen Zeit so wichtig. Die Zeitmesser richten sich ja eigentlich nach der Sonne, aber die Sonne macht keine gleichmäßigen Bahnen, sie ist sozusagen unzeitgemäß auf krummen Touren. Und deshalb kann sie auch nur die Sonnenzeit angeben, und die hat wegen der ungleichmäßigen Geschwindigkeit der Sonne in der Ekliptik kein konstantes Zeitmaß. Deswegen müssen wir dann immer die mittlere Sonnenzeit ausrechen, das ist sehr zeitaufwendig. Um die ganze Rechnerei zeitlich zu begrenzen, wurden die Zeitzonen eingerichtet. Da muss nämlich nur vierundzwanzig Mal auf der ganzen Erde die Zonenzeit ausgerechnet werden. In Europa gibt es z.B. die mittel-, die ost- und die westeuropäische Zeit. Aber auch die Weltzeit ist in Europa zu Hause, denn die mittlere Sonnenzeit wird in Greenwich gemessen, nach ihr werden die astronomischen Ereignisse festgelegt.

Die astronomische Einheit der Zeit ist der Tag, und dieser ist, wie wir wissen, manchmal zu kurz und manchmal zu lang. Wenn der Zeitdruck zu groß wird, vergessen viele ihre Mittagszeit und sind froh, wenn die Arbeitszeit endlich vorbei ist. Im Urlaub ist das dann umgekehrt. Da vergeht die Zeit zu schnell, die Urlaubszeit ist also nicht zeitgleich mit der Alltagszeit. Vielleicht wird das dann Zeitverschiebung genannt.

Manche wollen immer alles einteilen und haben deshalb die Zeiteinteilung und Zeitplanung erfunden. Dafür wird eine Zeitstudie gemacht mit Hilfe von Zeitschreibern und Zeitrechnern, und dann wird die Arbeitszeit und der Zeitlohn ausgerechnet. Als Folge geraten dann viele unter Zeitnot, wenn es mit der Zeitzuschreibung nicht so klappt! Und dann brauchen sie dringend Freizeit. Damit wissen manche gar nichts anzufangen, deshalb brauchen sie wieder allerhand Zeitvertreib . Sie könnten aber auch in Muße die Zeit verstreichen lassen, oder sich im Zeitabwarten üben, bis die Zeit vergeht.

Zeit hat eine ganz unterschiedliche Erlebnisdauer, obwohl die Zeit immer mit derselben Geschwindigkeit kommt und geht. Trotzdem versuchen manche mit einem Zeitraffer, die Zeit zu beschleunigen. Um die Zeit langsamer zu machen nehmen sie eine Lupe, dann sieht die Zeit länger aus, dieses Instrument nennen sie Zeitlupe.Trotz aller Bemühungen schreitet Zeit beständig fort! So vergehen die Stunden, Tage und Wochen, Jahreszeiten kommen und gehen. Zur Zeit haben wir die Winterzeit. Als ich neulich auf der Messe Lose gekauft habe, das war in der Herbstzeit, hatte ich viele Herbstzeitlose, leider waren es lauter Nieten. Oder ist Herbstzeitlose dafür nicht das richtige Zeitwort?

Gute und böse Zeiten wechseln sich ab. Und da's wie immer niemand gewesen sein will, wird alles auf den Zeitgeist geschoben. Aber der wendet manchmal die Zeit und das ist dann eine Zeitenwende, die dann ein neues Zeitalter einläutet.

Plötzlich war der Bus nach eineinhalb Stunden wieder flott, der Motor lief, wir konnten einsteigen und unsere Reise mit Zeitverzögerung fortsetzen. Wenn die Wartezeit noch länger geworden wäre und wir seinerzeit nicht beizeiten weitergefahren wären, wäre der Zeitverlust sehr groß geworden, obwohl wir plötzlich freie Zeit hatten.

Ich wette, nach dieser Lektüre fühlen Sie sich jetzt entweder nicht mehr so zeitfremd oder zeitlos oder Sie meinen, das sei alles Zeitverschwendung. Dann will ich Ihnen jetzt auch keine Zeit mehr stehlen, obwohl das heute mit der Zeiterfassung ja gar nicht mehr so schwierig sein sollte, diese zurückzubekommen.

Ulrike Bauch / Margret W.-Simon

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