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Nicole Mertes ist 25 Jahre alt, wohnt in Darmstadt, studiert Informatik und betreibt Triathlon als Wettkampfsport. Sie wurde 1989 Junioreneuropameisterin, 1990 und 1991 ebenfalls bei den Junioren Vizeeuropameisterin und hat 1992 bei der Studentenweltmeisterschaft den 4. Platz belegt. 1994 hat sie am internationalen Ironman in Roth (Distanzen: 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42 km Laufen) teilgenommen und den 10. Platz erreicht. In diesem Jahr wurde sie mit der Nationalmannschaft Zweite bei den Europameisterschaften. Sie ist also ein Frau, die sicherlich Konkurrenz im Sport erlebt und damit umgehen muss. Wie sie das empfindet, wollte ich in diesem Interview von ihr wissen.

 

Nicole, wann hast du angefangen, Sport zu betreiben?

Ich habe als Siebenjährige mit Schwimmen begonnen, Triathlon als Wettkampfsport mache ich seit 1989, also seit ich 17 bin.

Hast du auch als Kind schon Wettkämpfe gemacht?

Ja, ich habe auch an Schwimmwettkämpfen teilgenommen und schon im Training gespürt, dass es mir Spaß macht, mich mit anderen zu messen. Diese Konkurrenz habe ich auch als Ansporn für mich gesehen, das hat sich positiv auf meine Leistung ausgewirkt.

Wie bist du dann zum Triathlon gekommen?

Ich war längere Zeit verletzt und habe sozusagen als Ausgleichstraining mit dem Radfahren begonnen. Mein Schwimmtrainer beim DSW Darmstadt hat mich dann ermutigt, mich mal beim Training der Triathleten einzuklinken, und ich habe dann schnell gemerkt, dass mir das Spaß macht.

Triathlon ist ja ein Einzelsport, gibt es bei euch trotzdem, so was wie ein Gemeinschaftsgefühl?

Ja, in der Nationalmannschaft läuft das Training größtenteils sehr harmonisch ab, wir fühlen uns schon als Gemeinschaft. Wenn man das ganze Jahr zusammen trainiert, schweißt das auch zusammen. Wir versuchen alle voneinander zu lernen und unsere individuellen Schwächen aufzuarbeiten.

Keine Neidgefühle auf die Konkurrentinnen?

Also ich persönlich bin nicht neidisch auf eine andere Triathletin in unserer Mannschaft, ich kann mich auch über Erfolge der anderen freuen. Im Wettkampf herrscht natürlich schon Konkurrenz zwischen uns, da versucht jede ihre optimale Leistung zu bringen, aber da wir uns ziemlich gut kennen, können wir uns auch gegenseitig gut einschätzen.

Tauscht ihr auch Tipps untereinander aus?

Manchmal schon, aber wenn ich ehrlich bin, und ich glaube, das ist bei den anderen auch so, jede hat so ihre Geheimtipps, die sie niemandem weitergibt.

Wie ist es – außerhalb der Mannschaft – mit der Konkurrenz im nationalen und internationalen Vergleich?

Das ist bei mir oft abhängig von der Person. Mit den Frauen, mit denen ich auch so Kontakt habe und mich gut verstehe, habe ich keine Probleme, wenn die mal besser sind als ich, das ist für mich eine »gesunde Konkurrenz«, die ich als normal und positiv empfinde, wo mir auch eine Niederlage nichts ausmacht. Es gibt aber schon einige, mit denen ich persönlich nicht so gut kann, und die möchte ich im Wettkampf dann auch gerne schlagen, das kann für mich auch eine Art von Ansporn sein. Es gibt natürlich auf nationaler Ebene Triathletinnen, mit denen man sich immer misst, weil sie etwa gleich stark sind und es ist schon befriedigend, wenn dann ein Wettkampf zu meinen Gunsten endet.

Heißt das, dass solche Konkurrenzgefühle für dich eher Ansporn sind?

Am allgemeinen schon, wenn der Wettkampf gut läuft, ist es für mich ein großer Ansporn, wenn ich weiß, dass noch eine Konkurrentin im Wettkampf ist. Wenn es mir aber schlecht geht und mich überholt dann noch eine Frau (wobei es, wie schon gesagt, auch Unterschiede gibt, bei manchen macht's mir nicht so viel aus), dann denk ich mir, oh je, heute geht gar nichts mehr, das ist dann wirklich deprimierend.

Hast du den Eindruck, dass Männer sich in dieser Beziehung anders verhalten als Frauen?

Ich glaube nicht, auch bei den Triathleten gibt es sowohl Konkurrenz als auch ein Miteinander. Im Wettkampf allerdings geht's dann schon ohne Rücksicht auf irgendwelche Gemeinsamkeiten zur Sache, da will jeder gewinnen und bei den Profis, die vom Sport leben, geht‘s einfach wirklich auch ums Geld.

Nicole, Konkurrenzverhalten wird ja oft eher negativ empfunden, ich habe aber jetzt im Gespräch mit dir den Eindruck, dass du es im Bezug auf Wettkampfsport aber als notwendig und leistungsfördernd betrachtest, stimmt das?

Ja, auf den Wettkampf bezogen ist es einfach notwendig, dass man sich mit der Mitkonkurrentin misst und dann auch besser sein will als sie, ohne gute Motivation gibt‘s auch keinen guten Wettkampf, das ist für mich nichts Negatives.

Nicole, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

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Dazu möchte ich gern noch kurz meine eigenen freizeitsportlichen Erfahrungen anknüpfen:
Ich bin »Mitläuferin« in einer kleinen Frauengruppe, die auch die Triathlondiszplinen trainieren, und zwei- bis dreimal im Jahr an kurzen Jedermann-/Jederfrauwettkämpfen teilnehmen.
Wir trainieren fast immer miteinander, wobei es kein Problem ist, die Bedürfnisse und das Trainingstempo aufeinander abzustimmen.
Anfangs haben wir das auch in den Wettkämpfen versucht, und wollten alle im gleichen Tempo alles miteinander machen.
Das hat sich aber letztendlich als sehr unbefriedigend für alle Teilnehmerinnen herausgestellt, die einen fühlten sich unter-, die anderen überfordert, und keine konnte die Leistung erzielen, zu der sie eigentlich fähig gewesen wäre.
Mittlerweile haben wir akzeptiert, das eine Wettkampfsituation eben grundsätzlich eine Konkurrenzsituation ist, und dass es unserer Freude über jede, die ins Ziel kommt, keinen Abbruch tut. Wir haben nach wie vor viel Spaß miteinander!

Elisabeth Rank-Kuhn

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