Werden Sie auch eine

MATHILDE

 

Marianne Schwan, Milchmädchens Rache – Eine Abrechnung mit dem von Männern gemachten Steuerrecht
Eichborn Verlag, Frankfurt/M, 1996, ISBN 3-8218-1373-3, DM 24,80

Buchbesprechung

Milchmädchens Rache

Das ist doch eine Milchmädchenrechnung! Wenn frau (oder mann) diesen Vorwurf an den Kopf geworfen bekommt, wird sie (oder er) erst mal für blöd gehalten. Dabei war der Traum der Milchfrau, sich aus dem Erlös für einen Krug Milch durch kluges Wirtschaften nach und nach eine eigenen Existenz aufzubauen, alles andere als dumm. Der Krug Milch zerbrach, das war alles; mit einem frischen Krug Milch konnte am anderen Morgen mit ein bisschen Glück der unternehmerische Plan neu umgesetzt werden.

A apropos Glück - Marianne Schwan weit in ihrem Buch zu Recht darauf hin, dass niemand die "Hans-Rechnung" als Kennzeichnung besonderer Dummheit anführt, dabei war Hans im Glück viel dämlicher als das Milchmädchen. Er ließ sich seinen durch jahrelange Arbeit verdienten Goldklumpen abschwätzen und kam mit einem wertlosen Stein zu seiner Mutter zurück.

So sieht es aus - Milchmädchen verstehen angeblich nichts (Frauen auch nicht?) vom Steuerrecht und vom Umgang mit Geld. Staatsfinanzen sind eine Männerdomäne, in der Bundessteuerberaterkammer sitzen nur Männer. Genau so sieht das Steuergesetz auch aus: obwohl es an und für sich geschlechtsneutral abgefasst ist, geht es an der Lebenswirklichkeiten von Frauen vorbei.

Die Bundesdeutsche Steuerpolitik hat eine Menge damit zu tun, dass die Mehrheit der Frauen in unserem Land trotz harter Arbeit die eigenen Existenz nicht unabhängig sichern kann. Marianne Schwan weist anhand von zahlreichen Beispielen darauf hin, dass Frauen zu viel Steuern zahlen müssen und dass die Steuergesetze auf die Berufstätigkeit von Frauen erschwerend wirken.

Ehegattensplitting, Steuerklasse V, die steuerliche Belastung von Alleinerziehenden (meistens Mütter), die Verschwendung von Steuergeldern auf Kosten von Fraueninteressen: Marianne Schwan weiß als Steuerberaterin mit eigener Praxis gut Bescheid und nimmt kein Blatt vor den Mund. Darüber hinaus vergleicht sie die bundesdeutsche Situation mit der Steuerpolitik anderer europäischer Länder und zeigt Ansätze für eine sinnvolle Steuer- und Wirtschaftsreform.

Barbara Obermüller

zurück

MATHILDE