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Wer haftet?

Erwachsene müssen für Schäden, die sie anrichten, haften; Kinder grundsätzlich auch. Doch nur, wenn sie für das, was sie anstellen, auch verantwortlich gemacht werden können. Und das können sie bis zu ihrem siebten Lebens-jahr nicht. Das Gesetz spricht hier von Schuldunfähigkeit.

Gehen die Geschädigten dann leer aus, wenn ein kleines Kind ihnen einen Schaden zufügt? Manchmal ja, und zwar dann, wenn ein Malheur trotz Aufsichtsperson passierte, die gut auf das Kind achtete. Hat die Aufsichtsper-son allerdings ihre Aufsichtspflicht verletzt, muss sie selbst für den Schaden aufkommen. Laut BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) hat die Person, die zur Aufsicht kraft Gesetzes (z.B. Eltern) oder kraft Vertrages (z.B. Kindermäd-chen) verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, den die zu beaufsichtigende Person einer dritten zufügt.

Ein Beispiel: Die Freundin der Mutter beaufsichtigt das zwei jährige Kind in der elterlichen Wohnung. Während die Frau im Nebenzimmer telefoniert, zerkratzt die Kleine mit einem scharfen Gegenstand den Couchtisch. Hier muss die Aufsichtsperson wegen der Verletzung ihrer Aufsichtspflicht für den Schaden aufkommen. Sie kommt nur dann aus der Haftung heraus, wenn sie nachweisen kann, dass der Schaden auch bei ordentlicher Aufsicht er-standen wäre, oder dass sie alles Erforderliche zur Aufsicht getan habe (in ihrem Beisein fällt dem Kind ein Ge-genstand aus der Hand, der den Tisch zerkratzt).

Nun gibt es für Schadensfälle dieser Art Haftpflichtversicherungen. Allerdings haften auch diese nur dann, wenn auch die versicherte Aufsichtsperson haftbar gemacht werden kann - nämlich, wenn sie ihre Aufsichtspflicht ver-letzt. In unserem konstruierten Beispiel würde die Haftpflichtversicherung aufkommen, wenn das Tischzerkratzen geschieht, währen die Freundin der Mutter im Nebenraum telefoniert. Ist der Schaden jedoch trotz guter Aufsicht passiert, kommt die Haftpflichtversicherung nicht dafür auf. Die Geschädigten gehen in diesem Fall leer aus.

Allerdings entsteht natürlich oft Streit über die Frage, wann die Aufsichtspflicht verletzt wurde. So müssen nach einem Urteil des Amtsgerichts Frankfurt (Akz: 29 C 882/94-68) Eltern ihre spielenden Kinder nicht pausenlos be-obachten, auch nicht, wenn sie unter sieben Jahren alt sind. Das Amtsgericht hat die Klage eines Autofahrers auf Schadensersatz abgewiesen, dem ein vierjähriges Kind mit dem Fahrrad vom Spielplatz in sein geparktes Auto gefahren ist. Der Kläger meinte, die Mutter habe ihre Aufsichtspflicht verletzt. Das Gericht jedoch entschied, dass der Überwachung von Kindern "natürliche Grenzen" gesetzt seien. "Eine ständige Beobachtung kann nicht ver-langt werden und wäre auch der Entwicklung der Kinder zur Selbstständigkeit abträglich." Die Mutter hatte ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Sie hatte sich in der Nähe aufgehalten und ihrem Sohn in regelmäßigen Abständen kontrolliert.

Wenn Kinder mindestens sieben Jahr alt sind, können sie auch selbst haftbar gemacht werden. Allerdings spielt hier die Frage nach der Einsichtsfähigkeit eine große Rolle. Wenn beispielsweise ein achtjähriges Kind ein Gebäu-de beim Zündeln in Brand steckt, ist sie anders zu bewerten, als wenn dies ein vierzehnjähriges Kind tut. Mögli-cherweise ist ein jüngeres Kind nicht haftbar zu machen. Es kann eine Aufsichtspflichtverletzung der Eltern vor-liegen. Das ältere Kind jedoch müsste wahrscheinlich voll haften - und das eventuell lebenslang. Auch hier prüfen die Versicherungen, ob eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht. Sie zahlen nur dann den Schaden, wenn der Anspruch begründet ist. Unbegründete Ansprüche, das heißt solche für die keine rechtliche Verpflichtung be-steht, lehnen die Versicherungen ab. Die Person, die den Schaden verursacht hat, muss selbst dafür aufkommen.

Gabriele Merziger

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