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MATHILDE

"Musik ist mein Ventil"

Interview mit der Musikerin Karin Laser

Karin Laser gehört seit vielen Jahren zur Darmstädter Musikszene und hat ein erstaunlich vielfältiges Repertoire vorzuweisen, von dem sie den Darmstädterinnen beim Frauenfrühstück im Januar im Frauenkulturzentrum einiges zu Gehör brachte. Neben ihrem musikalischen Schaffen als Liedermacherin, Chansonsängerin, Arrangeurin und Komponistin schmeißt sie noch ihren Fulltime-Job als Lehrerin für Französisch, Deutsch und andere Fächer. Außerdem ist sie noch Mutter von drei Kindern im Alter von 6, 15 und 18 Jahren, mit denen sie alleine lebt.

Wie bist du zur Musik gekommen?

Ich habe bei Barbara Heller mit sechs Jahren Flöte spielen gelernt. Mit etwa neun Jahren habe ich ein Akkordeon geschenkt bekommen und vier Jahre Unterricht gehabt. Mit 13 Jahren habe ich mir die erste Gitarre gekauft und mir das Spielen selbst beigebracht.

Haben deine Eltern auch musiziert?

Mein Vater war sehr musikalisch, er hat acht Instrumente gespielt. Gefördert hat er mich allerdings nicht. Meine Mutter hatte eine wunderschöne Stimme, aber sie sang leider falsch.

Und wie ging es dann weiter?

Als ich 16 war, hat man mir angeboten, auf einem Folk-Abend zu spielen. Dort habe ich Songs von Joan Baez, Georges Moustaki, Maxime le Forestier, Anne Sylvestre und anderen nachgesungen. Ich hatte von vielen Frankreich-Reisen jede Menge französische Platten mitgebracht. Für diesen Folk-Abend habe ich einen Gitarristen gesucht, den ich an der Schule auch fand. Ihn habe ich später auch geheiratet. Musikalisch waren wir zunächst ein Duo, wir nannten uns "Karin und Thomas", später wurde eine Band draus, die "Vanin Freya" hieß.

Welche Stilrichtung habt ihr mit "Vanin Freya" gemacht?

Folk, irisch, englisch und deutsch. Wir hatten recht viele Auftritte, bis hin zur Kongresshalle in Darmstadt. Aber wir sind nicht nur regional aufgetreten, sondern waren auch auf Folk-Festivals in ganz Deutschland, die es ja in den siebziger Jahren häufig gab.

Und wie ging es in den achtziger Jahren weiter?

Durch die Geburt meiner Kinder und aufgrund meines Referendariats musste ich zeitweise mit der Musik aufhören. Später habe ich dann wieder eine Band gegründet, mit der ich Folk-Rock gemacht habe. Diese Band bestand bis etwa 1987.

Du schreibst auch selber Songs, oder?

Seit etwa zwölf Jahren schreibe ich eigene Lieder und singe meine deutschen Lieder auch in Frauenzentren. Mit diesen Liedern hatte ich auch einmal einen Auftritt im Jagdhofkeller, aber danach war das Publikum gespalten: die Männer waren sowieso dagegen, ebenso ein großer Teil der Frauen. Es gab große Diskussionen im Publikum und man kam auf mich zu und sagte: "Mit so etwas kannst du dich doch nicht auf die Bühne stellen, das ist ja schrecklich, solche bösen Lieder." Ich habe mich dann entschlossen, nur noch für Frauen zu singen, also in Frauenzentren oder ähnlichem.

Hast du schon mal überlegt, mit der Musik Geld zu verdienen?

Ja, ich war mal in einer Tanzband. Ich habe allerdings nur einen Auftritt mit dieser Band über mich gebracht, ich konnte die Art der Musik und das Publikum in Bierzelten einfach nicht ertragen. Mit 21 habe ich mit "Vanin Freya" sogar mal einen Plattenvertrag angeboten bekommen, aber da hätte ich nicht aussuchen können, was ich singe, was ich anziehe und wo ich auftrete. Ich wollte mich nicht verkaufen und verleugnen müssen.

Was bedeutet Musik für dich?

Sie ist auf jeden Fall ein Ventil für mich, eine Möglichkeit, intensive Gefühle positiver oder negativer Art auszudrücken

Wie gehst du heran, wenn du einen Song schreibst?

Mir fallen Melodie und Text meistens gleichzeitig ein. Das kann beim Wäscheaufhängen sein oder ich greife einfach zur Gitarre und dann ist der Song da.

Hast du musikalische Vorbilder?

Ja, Moustaki für die französischen Chansons, die ich schreibe. Aber ich würde nicht sagen, dass ich irgendjemand nacheifere. Was ich gerne machen würde, ist die Musik in der Art von Guesch Patti. Dann gefällt mir Hannelore Kaup vom "Berliner Bügelbrett", eine Kabarettistin und Liedermacherin, die hier vor kurzem im Halbneun-Theater aufgetreten ist. Sie macht so böse Texte, dass sie wirklich ein Vorbild für mich ist.

Ist es dir wichtig, als Musikerin Frau zu sein?

Ja, sehr. Ich war immer der Motor meiner Bands, und hatte nie das Gefühl, weniger als ein Mann zu können. Mich hat es immer genervt, dass im Musikbusiness Frauen mehr oder weniger als Dekorationsobjekt betrachtet werden. Das war schon in der Kindheit so, dass ich es nicht eingesehen habe, den Tisch abzuräumen, während sich die Männer über Politik unterhielten. Ich war der Meinung, dass mir das ganz genauso zusteht.

Schlägt sich deine Einstellung auch in deinen Texten nieder?

Ich werde immer wieder angegriffen wegen der Männerfeindlichkeit meiner Texte. Hier vergleiche ich meine Lieder mit denen der Arbeiterbewegung, die ja für Arbeiter geschrieben waren und eine politische Botschaft transportierten. Für Firmenchefs waren diese Lieder nicht gemacht, sie sollten ihnen auch nicht gefallen. Bei mir ist es ähnlich. Ich mache meine Lieder für Frauen, sie sollen ihnen Mut machen. Männer sind meine Zielgruppe, wenn ihnen die Lieder nicht gefallen, sollen sie sie nicht anhören. Übrigens habe ich auch einen Song, der "Mathilde" heißt. Darin geht es um eine Freundin, die sich aus der Frauenbewegung zurückzieht, weil sie mit einem Mann zusammenlebt, dem das nicht gefällt.

Was sind deine aktuellen musikalischen Projekte?

Neben meinen Solo-Auftritten als Liedermacherin von Frauenliedern spiele ich Chansons, unter anderem von Patricia Kaas und meine eigenen Kompositionen, die angeregt von Guesch Patti, auch mal rockiger sind, in einer Band namens "Allons-y". Wir sind drei Frauen, Petra Acker (b, git., voc.), Ulli Leifels (keyb., voc.) und ich sowie ein Mann, Wolfgang Dietz (b, voc.). Vorher habe ich eine Zeitlang in einer Rock-Band gesungen, was für mich eine neue Erfahrung war. Nachdem ich dort ausgestiegen bin, wollte ich mit Frauen in einer Band spielen, was sich mit "Allons-y" verwirklichen ließ.

Ist es ein Unterschied für dich, in einer "frauendominierten" Band Musik zu machen?

Ja, es ist eine andere Art des Umgangs miteinander. Es gibt keinen Chef, es wird gemeinsam entschieden, wie ein Lied arrangiert wird. Ja, und bei den Männer-Bands war der Bier-Verbrauch immer sehr hoch, wir trinken Tee und Kaffee. Ich würde sagen, wir gehen toleranter miteinander um.

Was hast du für musikalische Projekte für die Zukunft?

Ich möchte zunächst meinen Radius erweitern, d.h. in Frauenzentren über das Rhein-Main-Gebiet hinaus spielen. Mit "Allons-y" haben wir das Problem, nicht in Frauenzentren spielen zu können, weil wir einen Mann dabei haben. Das sehe ich allerdings ein: Frauen brauchen einen Raum für sich.

Hast du einen Traum, den du gerne verwirklichen möchtest?

Ich mache eigentlich schon genau das, was ich immer machen wollte. Natürlich hätte ich gerne mehr Zeit für die Musik. Der Traum, meine französischen Lieder mit einer Band zu spielen, hat sich mit "Allons-y" ja bereits verwirklicht. Meine Solo-Auftritte möchte ich ausbauen, vielleicht auch mit kabarettistischen Einlagen. Ich wünsche mir, dass noch mehr Frauen Musik machen und kritische Lieder schreiben. Einen Traum habe ich noch: eine Frauen-Plattenfirma, in der von der Studioaufnahme über die Produktion bis zum Vertrieb alles von Frauen gemacht wird. Dann könnten Frauen ihre eigene Musik veröffentlichen und müssten sich nicht ständig anbieten.

Danke für das Gespräch. Wir hoffen, künftig in noch viel von deinen Solo-Auftritten und von denen mit "Allons-y" berichten zu können. Und vielleicht können wir bald deine CD besprechen...

Marion Möhle

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