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0,004 Prozent – kein Geld für Frauen

Gerade mal 0,004 Prozent der Steuergelder im Landeshaushalt von Hessen kommen Frauenprojekten zugute. Dabei ist die Finanzierung dieser Projekte "kein Almosen von Männern für Frauen, damit diese sich ein wenig mit ihrem 'Frauenkram' beschäftigen können, sondern eine notwendige gesellschaftliche Investition", wie es in der Presseerklärung der von Kürzung bedrohten "Frankfurter Frauenschule" heißt.

"Will die Gesellschaft tatsächlich selbstbewusste Frauen, die ja auch ein großes Innovationspotenzial bedeuten, so muss das selbständige Denken von Frauen unterstützt werden." Die Realität sieht anders aus. Die Zuschüsse von Stadt und Land wurden etwa für die Frauenschule innerhalb der letzten vier Jahre um insgesamt 25 Prozent gekürzt. Bislang konnten die finanziellen Einbußen durch Personalabbau und Gehaltskürzungen ausgeglichen werden. Doch im nächsten Jahr müssen kurzfristig 65.000 Mark eingespart werden. Dies bedeutet für die Frauenschule eine Reduzierung des umfangreichen Bildungsprogrammes. Leidtragende sind die Frauen.

Bis weit über die Grenzen Frankfurts hinaus reicht der Wirkungskreis und die Vorbildfunktion der "Frankfurter Frauenschule". Unter dem Motto "Wer selbständig handeln will, muss selbständig denken" wurde das Projekt vor 13 Jahren gegründet. Ursprünglich bestand das Programm aus Gesprächs- und Arbeitsgruppen, mittlerweile werden Tagungen, Bildungsurlaube und Fortbildungen angeboten. Viele andere Projekte wurden von der Frauenschule iniitiert, wie etwa die Frauenbetriebe, das Ausstellungsprojekt "Sequenz", die Gründerinnen-Gruppe des Lesbisch-Schwulen Kulturhauses oder ein Geldanlageberatungsbüro für Frauen.

Wie gravierend Kürzungen sein können, zeigt auch die dreimonatige Schließung des Frauencafes der Beratungsstelle für drogenabhängige Frauen und Mädchen "Kassandra" in Frankfurt. Mittelkürzungen, sowie die Wiederbesetzungssperren des Landes Hessen führten im vergangenen Jahr zu einer Personalreduzierung. Im Schnitt waren 1,5 Stellen nicht besetzt. Daraufhin wurde das Cafe geschlossen. Das Cafe war erste Anlaufstelle und Schutzraum für das Leben auf der Straße. Dort konnten hilfesuchende Frauen nicht nur Essen und Getränke zu günstigen Preisen erwerben, sondern die Angebote reichten von Duschen und Spritzentausch bis hin zu Substitution und psychosozialer Einzelbetreuung.

Durch die vorübergehende Schließung des Cafes brach der Kontakt zu einigen Frauen ganz ab und häufig wurden die Mitarbeiterinnen als Verantwortliche der Misere gesehen. "Intensive Gespräche waren notwendig, um den Frauen zu vermitteln, dass die unzureichende Finanzierung und mangelnde politische Unterstützung Hauptursachen für das Scheitern mancher Frauenprojekte waren", so beschreiben Mitarbeiterinnen von "Kassandra" die Situation. Circa 400 drogenabhängige Frauen und Mädchen werden pro Jahr von den Mitarbeiterinnen der Drogenhilfeeinrichtung betreut.

Kontinuierliche Arbeit ist nicht nur bei "Kassandra" notwendig, aber durch die unsichere finanzielle Situation nicht gewährleistet. An mangelndem Engagement der Mitarbeiterinnen liegt es nicht, wie Monika Gutheil von der Frauenschule erklärt: "Unsere Selbstausbeutungsrate ist sehr hoch und der Aufgabenbereich einer Mitarbeiterin umfasst vom Einkauf des Toilettenpapiers bis hin zur Konzeption einer Tagung alle Tätigkeitsbereiche. Eine Sekretärin haben wir nicht, auch keine Buchhalterin. Gleichzeitig drei Sachen zu machen ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Wären wir nicht hochidentifiziert mit unserer Arbeit, würden wir sicher eher an Unis, Schulen, Forschungsinstituten oder in den Medien arbeiten." Da stellt sich die Frage, welche Power solche Projekte entwickeln könnten, wenn die Kürzungen und finanzielle Engpässe nicht wären. Denn der Kampf ums liebe Geld erfordert Kraft und Elan, die der eigentlichen Projektarbeit entzogen wird.

Sabine Schiner

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