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Riesenprofit im Altkleidersack

Schon wieder ein Zettel im Briefkasten, der zur Altkleidersammlung aufruft - der guten Zwecke sind gar viele: für Behinderte, Alte, Arme - wer achtet schon auf den winzigen Aufdruck "kommerzielle Sammlung", der auf vielen dieser Aufrufe an unauffälliger Stelle steht? Oft sind es ja auch karitative Organisationen, die uns auffordern, unseren Kleiderschrank zu durchforsten und uns endlich von dieser Hose und jenem Rock zu trennen, die zwar noch neuwertig, aber irgendwie nicht mehr "in" sondern schon ganz "out" sind und schon seit Monaten von uns nicht mehr getragen werden. Weg damit, wir brauchen sowieso mal was Neues und es ist ja für einen "guten Zweck"? Ist es das wirklich?Das "Institut Südwind für Ökonomie und Ökumene" ist dieser Frage nachgegangen. Die Bundesrepublik Deutschland liegt mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 24 Kilo Textilien pro Jahr im weltweiten Vergleich ganz vorne, nämlich an vierter Stelle nach den USA, der Schweiz und Norwegen. (Im Vergleich dazu: Mexiko 5,1kg, Smbabwe 3,0kg, Tansania 0,8kg pro Kopf und Jahr). Für 1992 wird allein für gelieferte Altextilien von Deutschland nach Afrika iene Summe von 240 bis 275 Millionen DM genannt!

Niemand kann bestreiten, dass das Sammeln von Altkleidern für von Katastrophen betroffene und bedürftige Menschen sinnvoll ist. Was viele aber nicht wissen: Entgegen der landläufigen Meinung, Altkleiderhandel sei per se ein karikatives Unterfangen, ist das Sammeln und Verkaufen von Altkleidern ein Riesengeschäft mit Millionenumsätzen. Verkauft wird dabei nicht nach humanitären, sondern nach knallharten, kapitalistischen Grundsätzen. Abgesehen von gewerblichen Sammelunternehmen verkaufen auch karikative Institutionen wie das Rote Kreuz und die Bodelschwinghschen Anstalten Bethel einen großen Teil der von ihnen gesammelten Altkleider an kommerzielle Händler, um gemeinnützige Aufgaben ihrer Organisationen zu finanzieren. Dagegen hat der Caritas-Verband alle Altkleiderexporte eingestellt, nachdme MitarbeiterInnen nach Aufenthalten in Entwicklungsländern berichtet hatten, dass Altkleiderspenden die einheimischen Märkte der Empfängerländer ruinierten. Diese Organisation sammelt Altkleider nur noch für gezielte Notfälle. Der Markt ist allerdings undurchsichtig, es wird viel betrogen. Gute, gebrauchte Kleidung wird als "Lumpen"deklariert, um Zollgebühren zu sparen oder es werden Sendungen in andere Länder geschmuggelt, ansattt ein geplantes Notstandsgebiet zu erreichen.

Nach Schätzungen trägt ein Drittel der Bevölkerung südlich der Sahara heute Second-Hand-Kleider aus USA und Europa. Diese gebrauchten Kleider und Schuhe aus Spenden treten in Konkurrenz zur einheimischen Produktion der Dritte-Welt-Länder, und zwar zu einem Preis, der die ansässigen Hersteller gnadenlos unterbietet. Kein Wunder, die Altkleiderhändler bekommen ihre Ware ja geschenkt! Natürlich ies es wichtig, wenn sehr arme Länder, wie zum Beispiel Mosambik, billige Altkleidertransporte bekommen. Immer sollten Hilfsorganisationen jedoch darauf achten, dass nach einer Besserung der innerpolitischen Situation billige Altkleider nich einen Neuaufschwung der Textilindustrie verhindern. Allein in Simbabwe und Sambia wird der Verlust von Arbeitsplätzen durch Importe von Altkleidern und gebrauchten Schuhen auf 200.000 beziffert. Nach Berichten aus Syrien solles es dort gerade die Rechen sein, die an modischen westlichen Altkleidern sehr interessiert sind. Viele der gespendeten Kleider sind fast neuwertig und erzielen Preise von 65 bis 130DM das Stück.

Wie sollen sich die VerbraucherInnen verhalten?

Der erste Schritt ist bewußter Konsum nicht nur in Hinblick auf die Menge, sondern auch hinsichtlich der Qualität. Textilien aus ökologischem Anbau sind schwer recyclebaren Mischgewegen vorzuziehen. Private Weitergabe (wie bei Baby- und Kinderkleidung), Tauschbörsen oder örtliche Second-Hand-Läden sind Möglichkeiten für die gezielte Weiterverwendung von gebrauchten Kleidungsstücken und Schuhen.

SpenderInnen sollten von Sammelunternehmen Rechenschaft fordern, wie mit dem Sammelgut umgegangen wird. Dabei sollte geklärt werden, wieviele Textilien wirklich an Bedürftige gehen und ob und wohin verkauft/exportiert wird. Hier sind gezielte Spenden für Hilfsaktionen ein guter Weg. Trotz aller Bedenken ist die Spende an karikative Organisationen natürlich immer noch besser, als kommerziellen Sammlern den eigenen Profit zu ermöglichen oder Textilien in die Mülltonne zu stopfen.

Barbara Obermüller

Literatur: "Der Deutschen alte Kleider", Institut für Ökonomie und Ökumene Südwind e.V., Lindenstraße 58-60, 53721 Siegburg, ISBN 3-929704-04-8, 9 DM.

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