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MATHILDE

Andrea Vogelsang, Die Höhle der Löwin,
Ulrike Helmer Verlag, Frankfurt/Main, 1994

Die Höhle der Löwin

Geschichten einer Abtreibungsärztin

Andrea Vogelsang ist das Pseudonym einer Frauenärztin. Und das aus gutem Grund! Als Abtreibungsärztin hätte sie wohl keine ruhige Minute mehr und ihre Kinder auch nicht. Um diese, sich selber und ihre Patientinnen zu schützen, muss sie ihren Namen verstecken. Ihr Buch selber lässt jedoch nichts an Offenheit übrig. Und sie sagt: "Annähernd alles ist nicht erfunden."

Andrea Vogelsang ist gerne Abtreibungsärztin, sie liebt ihren Beruf. Sie mag die Frauen und sucht die Begegnung. "Jede Abtreibung hat ihre Vorgeschichte." Es geht ihr - so verstehe ich sie - um die Eigenverantwortung der Frauen, um Selbstbestimmung des eigenen Lebens, um Liebe und geliebt werden. Kein anderer hat das Recht, da hineinzureden. Sie steht der Frau bei, die das Kind gegen den Willen des Mannes haben möchte, genauso wie derjenigen, die es nicht austragen will, aus welchen Gründen auch immer. Einzig die Frau hat über ihr Wollen zu bestimmen. Den sogenannten "Lebensschützern", die immer wissen, was für die andern gut ist, sagt sie den Kampf an.

Sie sagt: "In diesem Buch geht es andauernd um Beziehungen, um Männer, um Liebe, Sexualität, Kinder ja oder nein, Hass und Vergewaltigung..." Das ist wohl auch der Grund, warum sie ihren Beruf so liebt: dichter könnte sie sich dem Leben nicht stellen.

Andrea Vogelsang (die Wahl des Namens ist sicher nicht zufällig) wechselt ständig zwischen Humor und Sarkasmus, Prosa und Lyrik, Trauer, Freude, Glück und Entsetzen.

Sie teilt das Buch in vier Kapitel, vier Jahreszeiten. Diese Einteilung erscheint mir willkürlich, es sei denn, sie will damit das ausdrücken, um was es geht: um werden und sterben, kommen und gehen und wieder da sein - um Leben also. Ehrlich, es wäre mir lieber, wenn sie alles etwas weniger sprunghaft geschildert hätte. Und ich hätte gerne mehr konkrete Information gehabt, denn dass sie kompetent in ihrem Fach ist, daran kann kein Zweifel sein. Gelegentlich schreibt sie mir zu emotional, lässt einfach Dampf ab, was vielleicht verständlich ist, aber mehr der Autorin nützt als der Leserin. - Trotzdem ist das Buch alles in allem sehr lesenswert. Das Engagement, mit dem sie ihr Thema verfolgt, ist deutlich und vermittelt Trost.

Margret W.-Simon

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