Werden Sie auch eine

MATHILDE

Frauensprache

In der FAZ vom 4.5.93 war unter der Überschrift "Ministerwechsel in Belgien" der folgende Satz zu lesen:
"Sozialminister Philippe Moureaux und die Ministerin im Ressort Umwelt und Gesundheit, Laurette Onkelinx, verlassen die Regierung....." .

Es gab also einen Ministerwechsel (männlich), obwohl auch eine Ministerin die Regierung verlassen hat.

Diese Formulierung ist allgemein üblich und wird von den meisten Lesern und vielleicht auch von vielen Leserinnen als völlig normal empfunden. Trotzdem sollte es nachdenklich stimmen, dass unsere deutsche Sprache bei Gruppen mit mindestens einem Mann nur die maskuline Form vorsieht, selbst wenn die Gruppe z.B. aus acht Frauen und zwei Männern besteht. "Die Lehrer der Schule besuchen ein Seminar". Niemand käme auf die Idee zu sagen" "Die Lehrerinnen der Schule besuchen ein Seminar", obwohl die Frauen in unserem Beispiel in der Mehrzahl sind. Und kaum ein Mann würde es unwidersprochen hinnehmen, sich mit einem Femininum bezeichnen zu lassen.

Oder nehmen wir die Adjektive. So vieles ist "herrlich", anderes "dämlich". Welch ein Unterschied! "Fraulich" klingt zwar besser, ist aber von der Bedeutung her völlig verschieden. "Weiblich" vielleicht? Nein, auch das geht nicht. An das wunderbare Wort "herrlich" kommen wir Frauen einfach nicht heran. Ein begeisterter Macho könnte also nur bewundernd ausrufen: "Welch herrliches Weib!" Da wüsste man sofort, was gemeint ist.

"Man", auch so ein Wort, über das "man" ständig stolpert, wenn "man" sich einmal etwas intensiver mit der Problematik der männlichen Prägung unserer Sprache auseinandersetzt. Wir Frauen in der MATHILDE-Redaktion stehen immer wieder vor der Frage, ob wir nun die gebräuchliche Form einfach weiterbenutzen oder unsere eigenen und auch die uns zugesandten Artikel vor Abdruck aufmerksam nach männlichen Formulierungen durchforsten und in eine weibliche Sprache "übersetzen" sollen.

Viele Leserinnen haben uns zu diesem Thema geschrieben und forderten uns auf, ausschließlich weibliche Formulierungen zu verwenden. Immer wieder steht dieser Punkt zur Diskussion und unsere Meinungen darüber sind unterschiedlich. Einige Redaktionsmitgliederinnen (welch ein Wort!) fühlen sich durch das Wörtchen "man" überhaupt nicht diskriminiert, andere Frauen plädieren für eine konsequente Handhabung der weiblichen Form. Also "frau" ist sich nicht einig.

Da bei uns aber ein liberaler Geist herrscht (oder sollten wir sagen "frauscht"?), haben wir beschlossen, dass jede Frau selbst entscheiden kann, ob sie den Umgang mit weiblichen Formulierungen locker oder streng handhaben möchte.

Es ist einfach eine Sache der Gewöhnung und braucht Zeit, wie jedefrau weiß und wir bemühen uns, die Texte kritisch zu lesen und ggf. umzuformulieren.

Christa Berz

Wer sich ausführlich mit diesem Thema beschäftigen möchte, empfehlen wir das Buch: "Das Deutsche als Männersprache" von Luise F. Pusch, erschienen bei Edition Suhrkamp (12,.. DM)

zurück

MATHILDE