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Dauerbrenner Frauenberufe

Frauenarbeit gibt es schon immer - typische Frauenberufe auch. So macht denn auch die Geschichte der Frauenarbeit den sozialen Status der Frau in den verschiedenen Epochen deutlich. Natürlich änderte sich im Laufe des technologischen Fortschritts die Arbeit an sich: Arbeit wurde entlohnt und war nicht mehr nur für den Eigenbedarf der Sippe notwendig. Der gesellschaftliche Aspekt kam neu hinzu. Von der "Berufsarbeit" war es dann zur Funktionalisierung und Rationalisierung der Arbeit nicht mehr weit. Marx prägte den Begriff der Entfremdung und Schlagwörter wie Ellenbogengesellschaft, Existenzkampf und Machtkampf folgten. Am Ende der Produktionskette steht jedoch einer der typischsten Frauenberufe, der der Hausfrau.

Hausarbeit contra Berufsarbeit

Da der Lohn der Arbeit sich meist auf Geld beschränkt, muss es aktiv in Konsumgüter umgewandelt werden. Dies ist ein Teil der Hausfrauenarbeit, notwendig um das gesamte System zu stabilisieren. Hausarbeit ist jedoch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Berufsarbeit. Denn die Normen der Gesellschaft in Bezug auf Arbeit sind heutzutage recht streng: Keine Entlohnung - keine Anerkennung! Dies muss sich Frau auch vor Augen halten, wenn sie sich für einen der so genannten "typischen Frauenberufe" entscheidet.

Untere Berufe

Berufe wie Sekretärin, Krankenschwester, Friseuse, Verkäuferin oder Arzthelferin zeichnen sich durch wenig Prestige und ein kleines Einkommen aus. Ungünstige Arbeitszeiten und mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten runden das Bild ab. All dies bedeutet jedoch nicht, dass unser Berufssystem ohne sie existieren könnte. Denn der wirtschaftliche Aspekt der Berufsarbeit basiert teilweise auf der großen Gruppe von Berufstätigen, die selbstlos der Firma oder dem Chef zuarbeiten. Beispiele hierfür gibt es genug: So ist der Vorgesetzte einer Sekretärin ihr an Bezahlung und Aufstiegsmöglichkeiten weit überlegen. Als die rechte Hand "ihres Chefs" stellt die Sekretärin ihm jedoch ihr ganzes Wissen und ihre ganze Arbeitskraft zur Verfügung. Eine Krankenschwester wird schlechter als ein Arzt bezahlt, weil sie ja u.a. "weniger Verantwortung" zu tragen hat. Ihre Aufgabe besteht jedoch nicht nur darin, für das körperliche Wohlbefinden der Patienten zu sorgen, sondern "sie arbeitet Ärzten vor, zu und nach. Sie minimiert Störungen und Risiken und gleicht Spannungen aus, so dass die eigentliche berufliche Arbeit der Ärzte ungestört, d.h. stetig ablaufen kann." Der ärztliche Tätigkeitsbereich ist also im Gegensatz zu dem der Krankenschwester klar definiert. Sie ist oft Putzfrau und Pflegerin in einem, und selbst das Annähen eines Knopfes an den Chefarztkittel ist eine für sie angemessene Beschäftigung.

Hartes Berufsleben

Sind Frauen Allroundtalente mit einem großen Herz für alle Probleme? Was zieht Frauen an diesen Berufen an? Warum wird frau Krankenschwester? Bei Berufsanfängerinnen hört man oft den Wunsch, "mit Menschen zu arbeiten", den "Menschen zu nützen" oder "Menschen zu helfen". Es stehen also nicht knallharte Fakten wie Gehalt, Aufstiegsmöglichkeiten und Karriere bei der Berufswahl im Vordergrund, sondern der soziale Aspekt bestimmt den zukünftigen Job. Außerdem sind viele Tätigkeitsmerkmale einer Krankenschwester identisch denen der traditionellen Hausarbeit: Trost spenden, hegen und Pflegen des zwischenmenschlichen Klimas, füttern und umsorgen von erkrankten Angehörigen.

Männerdomäne

Es wäre alles keine Tragödie, wenn sich Frauen frei, d.h. gemäß ihren persönlichen Neigungen und Vorlieben für einen Beruf entscheiden könnten.Rechtlich steht Frauen, laut dem Artikel 3 des Grundgesetzes alles offen; doch die Realität wirft dicke Knüppel zwischen die Beine. So gibt es beispielsweise ein Berufsverbot für Frauen in einigen Bauberufen wie Maurer und Zimmermann. Und die Statistiken des Arbeitsamtes bescheinigen denn auch magere Zahlen: Von über 9.000 Beschäftigten in den Bauhauptberufen waren 1991 nur 53 Frauen zu finden. Die Baustelle ist folglich eine Männerdomäne, obwohl eigentlich "niemand wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse ... benachteiligt oder bevorzugt werden darf."

Puppenspiele

Ins Stolpern gerät manch eine auch schon durch die Erziehung zum lieben und braven Mädchen. Viele der im weiblichen Sozialisationsprozess entwickelten Fähigkeiten und Eigenschaften fördern eher die Tendenz zur Fügsamkeit und Folgsamkeit als zur Aufmüpfigkeit gegen Autorität. Von Generation zu Generation, von Mutter zu Mutter werden so "Weibchen" herangezogen; sensible, nachgiebige, und fürsorgliche kleine Wesen zu denen ein Puppenhaus selbstverständlich besser passt als eine Eisenbahn.

Autonomie als Bedrohung?

Es liegt nahe, dass diese antrainierten weiblichen Eigenschaften disqualifizierend für Positionen im beruflichen Wettbewerb sind, in dem vorwiegend sogenannte "männliche" Werte dominieren. "Dieses Erziehungsmuster zur Erfolgsvermeidung bestimmt und beschränkt immer schon vorrangig die berufliche Stellung der Frau. Denn selbst wenn sich die Möglichkeit einer gehobenen Position einmal bietet, sind Frauen vielfach längst schon innerlich unfähig, diese Möglichkeit tatsächlich zu nutzen: Sie haben Angst vor Verantwortung, vor Entscheidungsspielraum, vor möglichen Auseinandersetzungen; sie fühlen sich den Anforderungen des Anordnens, Bestimmens, Beurteilens nicht gewachsen; Autonomie erscheint ihnen eher als Bedrohung denn als Chance."

Eigeninitiative

Diese These der Autorin Elisabeth Beck-Gernsheim ist wohl so weit nicht hergeholt. Denn die Statistiken beweisen, dass noch immer zu wenige Frauen in gehobenen Positionen tätig sind. Frauenförderpläne und Quotenregelungen können dabei zwar den Weg ebnen, der Frau muss aber klar sein, dass es vor allem auf ihre persönliche Initiative ankommt. Dies gilt für alle Berufe. Denn erst wenn jede Frau ihrem Arbeitgeber so lange auf die Zehen tritt, bis bessere Arbeitsbedingungen herrschen, wird sich spürbar etwas verändern. Gleichzeitig muss auch jede berufstätige Frau die bereits bestehenden, mehr oder weniger unbequemen Fortbildungsmaßnahmen für sich in Anspruch nehmen. Denn Nachfrage steigert das Angebot, und Frau steigert damit ihre eigene fachliche Qualifikation und wertet langfristig das jeweilige Berufsbild auf.

Frauen vor!

Knallharter Wettbewerb und weibliche Hyänen statt Kolleginnen sollten sicherlich nicht das Ziel sein. Aber ein Umkrempeln von bestehenden Werten könnte der vorwiegend männlichen Berufswelt nicht schaden. Also, packen wir's an! - Zur Starthilfe sind im abgebildeten Kasten ein paar Adressen von Frauennetzwerken und Frauenvereinigungen, die sich die berufliche Förderung von Frauen zum Ziel gesetzt haben, aufgeführt. Denn: Nur gemeinsam sind wir stark!

Reinhild Kauf, Sabine Schiner

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