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Frauenarbeit - Woher, wohin?

Na klar, wir arbeiten schon immer. Über die Jahrtausende hat sich jedoch Art, Inhalt und Bewertung unserer Arbeit verändert. Ein Blick in die Geschichte zeigt uns, dass unsere heutigen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt durchaus nicht die besten der jemals vorhandenen sind. Der Blick zurück könnte uns also helfen, unsere Forderungen für die Zukunft besser zu formulieren.

Die Heilkundige - Der Koch

Die interessanteste Zeit in Bezug auf die Frauenarbeit scheint mir das Mittelalter zu sein, dem ja immer noch die Finsternis zugesprochen wird. Die meisten Menschen, also auch Frauen, lebten im Mittelalter auf dem Land. Einige Frauen arbeiteten auf dem Familienhof und verrichteten dort gemeinsam mit ihrem Mann die anfallenden Arbeiten. Welche Frau könnte es sich heute noch vorstellen, dass das Brotbacken und die Vorratshaltung Arbeiten sind, die sie sich mit ihrem Mann teilen? Oder auch, dass sie der Imkerei oder Fischerei nachgeht, während ihr Mann die Butter macht?

Die Mehrzahl der Frauen auf dem Land lebte und arbeitete auf dem Fronhof. Dies waren große Höfe, die einem Lehnsherren oder Fürsten gehörten. Für unsere heutige Vorstellung glichen sie eher einem kleinen Dorf, das alle Produkte für das tägliche Leben selber herstellte von der Kleidung bis zum Werkzeug.

Auch das "Arbeitsverhältnis" scheint aus unserer heutigen Sicht eigenwillig, da viele Menschen "Unfreie" waren, sie gehörten ihrem Arbeitgeber. Es war jedoch selbstverständlich, dass jede mit Nahrung, Wohnraum und Kleindung versorgt wurde, was für viele heutzutage ein Wunschtraum ist.

Auf einem solchen Fronhof gab es nur eine Arbeit, die für Frauen nicht zugänglich war, die Küche! Männer wiederum hatten in der Flachsverarbeitung, Spinnerei und Weberei nichts verloren, dem einzigen Arbeitsbereich, der zu einem sozialen Aufstieg bei guten Leistungen führen konnte.

Wie erging es den Frauen, die nicht auf dem Land lebten? In der Stadt hatten sie verschiedene Möglichkeiten. Besaßen sie die Bürgerinnenrechte, sprich hatten sie einen bestimmten Geldbetrag, was auf ungefähr 35 % der Frauen zutraf, so konnten sie Handwerkerinnen werden. Entschied sich eine Frau für eine Karriere im Handwerk, so wusste sie, dass ihr fast alle Sparten offen standen und sie die Chance hatte, sich zur Gesellin oder Meisterin weiterzuqualifizieren. Besonders für allein stehende Frauen war dies attraktiv, da sie keinen Vormund benötigten, um vor Gericht gehen zu können.

Auch eine Frau ohne Bürgerinnenrechte war nicht automatisch dazu verdammt, sich einen Ehemann als Lebensunterhaltssicherung zu suchen. Sie konnte sich in der Heilkunde unterweisen lassen, Kenntnisse in Gynäkologie, Chirurgie oder Allgemeinmedizin erwerben oder sich von einer Hebamme ausbilden lassen. Der Druck auf diese Frauen nahm in zweifacher Hinsicht zu. Die Kirche bezeichnete ihr Wissen über Geburt und Verhütung als Hexenwissen und verfolgte sie, während die männlichen Kollegen es zwar nicht so nannten, sich aber dennoch zur übergeordneten Instanz machten, um sie kontrollieren zu können. Ein Status quo seit nunmehr 600 Jahren.

Frauen leben und arbeiten gemeinsam

Die dritte weit verbreitete Möglichkeit zu leben und zu arbeiten, war im Mittelalter das Leben in einem Kloster oder in einer laienreligiösen Gemeinschaft. Dies mag für uns merkwürdig klingen, es bot den Frauen jedoch die Chance sich zu bilden, was damals noch eine wenig angesehene Frauendomäne war. Die interessanteste laienreligiöse Gemeinschaft schufen die Beginen. Sie waren eine Frauengemeinschaft, die die Kirche als Mittlerin zwischen Gott und den Menschen ablehnte und forderte, dass "eine jede sich durch ihrer eigenen Hände Arbeit ernähren kann". Die Beginen arbeiteten in ihren eigenen Handwerksbetrieben. Sie lebten sowohl vom Verkauf ihrer Produkte als auch von der Verpachtung von Land, das sie nach und nach erwarben. Eine Frau konnte, so lange oder so kurz wie sie es wünschte, mit ihnen leben. Dies alles führte zu einem ständigen Zuwachs an Mitfrauen, zu Zeiten waren in Köln 6 % einer Stadtbevölkerung Beginen. Allein die Vorstellung, dass heute 6 % einer Stadtbevölkerung einer Frauengemeinschaft angehören könnten, würde für starke und weit reichende Proteste von Männern reichen. Die letzte Begine starb übrigen erst vor ca. 15 Jahren. Die Beginen waren damit das langlebigste "Projekt" für eine weibliche, emanzipierte Lebensform.

Wie ging es weiter?

Einige der wichtigsten Gründe für die Veränderung der Arbeitsbedingungen für Frauen waren die Geldnot der Herren aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung, der vielen Kriege und der entstehende Fernhandel. Für Frauen bedeutete dies, dass sie zusätzlich zu ihrer Arbeit auf dem Hof Heimarbeit leisteten, um die wichtigsten Lebensgrundlagen zu erhalten.

Diese zeitliche Mehrbelastung führte dazu, dass sie ihre Waren nicht mehr selber auf dem nächsten Markt anbieten konnten. Der Zwischenhandel entstand, die Frau musste noch einige Tücher mehr weben, um auch den Händler entlohnen zu können. Auch in der Stadt wurde das Leben für die Frauen beschwerlicher. Die wirtschaftliche Krise machte viele kleine Betriebe, die meist von Frauen geleitet wurden, unrentabel. Aus vorher selbstständigen Betrieben wurden häufig Zulieferbetriebe.

Gleichzeitig arbeiteten die Zünfte darauf hin, ihren (männlich geleiteten) Betrieben das Überleben zu sichern. Das erwies sich als leicht, da Frauen über keine politischen Rechte verfügten, ihren Platz also gar nicht behaupten konnten. Sie wurden aus vielen Zünften ganz verdrängt oder durften nur noch Hilfsarbeiten ausführen, wenn diese gerade von keinem Mann erledigt werden konnten. Dieses Schema der Frau als Arbeitsmarktreserve funktioniert immer noch.

Die Fabrik - Arbeit für alle

Mit der einsetzenden Industrialisierung wurden die Zustände immer haarsträubender. Fabrikbesitzer kalkulierten z. B. die Löhne von Frauen als Teil des Familieneinkommens. Sie gingen davon aus, dass der Mann den Hauptteil verdiente und Frau und Kinder das Familieneinkommen vervollständigten. Ihre Arbeit wurde als mithelfend betrachtet und ihr Lohn war eigentlich ein Taschengeld.

Zu dem minderen Lohn der Frauen kamen noch die steigenden Haushaltsausgaben hinzu, da sie z. B. die Vorratshaltung nicht mehr selber machen konnten und teurere Ware beim Händler kaufen mussten. Zusätzlich zu diesen Aspekten war die Arbeit von Frauen in Fabriken gering angesehen, da das Vorbild die Arbeit der Bürgerin war, die in Konzerte ging, Bücher las und gleichzeitig in ihrem Haus gut wirtschaftete, d.h. sie wusste, wie sie ihre Angestellten am besten leitete. Die Wertung von Frauenarbeit änderte sich erst wieder geringfügig, als bürgerliche Frauen das Recht zu studieren erlangten und in sozial akzeptierte Berufe wie Lehrerin und Kontoristin einstiegen.

Frauenarbeit - ein wertvolles Gut?

Heute sind Frauen immer noch die industrielle Reserve. Sie werden häufig in gering qualifizierten Stellen eingesetzt, die genauso oft die ersten sind, die wegrationalisiert werden. Auch das soziale Ansehen ihrer Arbeit ist zwiegespalten. Einerseits sollen Frauen heute einen qualifizierten Beruf erlernen und ausüben, andererseits werden sie dann als Doppelverdienerinnen diffamiert, die nur für ihren eigenen Luxus arbeiten und dabei Haus und Kinder vernachlässigen. Ein Mann kann immer noch so viel verdienen, wie er möchte, ohne jemals solche Vorwürfe zu hören zu bekommen, im Gegenteil: er ist erfolgreich. Die Frauen rackern sich ab zwischen Haushalt und Beruf, kämpfen um jede Unterstützung. Es soll sich ja endlich etwas verbessern. Der Blick zurück zeigt, sie versuchen nur etwas von dem wiederzuerlangen, was sie vor langer Zeit schon einmal besaßen.
Die Geschichte der Frauenarbeit, eine lange Geschichte des Fortschritts zurück.

Anja Spangenberg

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